Verzögerungstaktiken der Telekom sollen bald passé sein

Die Herausforderer der Deutschen Telekom sollen mehr Planungssicherheit und alle Beteiligten im Telecom-Markt mehr Rechtssicherheit erhalten. Das geht aus dem neuen TKG-Referentenentwurf hervor.

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Die Herausforderer der Deutschen Telekom sollen mehr Planungssicherheit und alle Beteiligten im Telecom-Markt mehr Rechtssicherheit erhalten. Um diese Ziele zu erreichen und den Wettbewerb insgesamt zu stärken, plant das Bundeswirtschaftsministerium (BMWA), Gerichtsverfahren zu Entscheidungen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) zu straffen und nur noch eine Berufungsmöglichkeit zuzulassen. Das geht aus dem Referentenentwurf zur Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) hervor, den das Wirtschaftsministerium einen Monat später als geplant am Mittwoch an Unternehmen aus der Branche und Experten verschickt hat. Gleichzeitig hat die Behörde auch vier sich aus dem TKG ableitende Verordnungen -- darunter die Telekommunikations-Nummerierungsverordnung (TKNV), die sich der Dialer-Problematik und 0900er-Nummern annimmt, sowie die lange Zeit heftig umkämpfte Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) -- an den neuen Entwurfstext angepasst. Das gesamte Paket ist einschließlich der allein über 70 Seiten starken Begründung für die TKG-Novelle bereits im Internet aufgetaucht.

Im Gegensatz zum im Februar veröffentlichten "Arbeitsentwurf" enthält das neue TKG-Papier jetzt auch die ausgearbeiteten Paragrafen zu Gerichtsverfahren und Rechtsmitteln für das Vorgehen gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde. Darin ist das Wirtschaftsministerium alten Forderungen der Telekom-Wettbewerber größtenteils nachgekommen. So soll die rechtliche Überprüfung eines strittigen Sachverhalts allein dem Bundesverwaltungsgericht überlassen werden, um in einem angemessenen Zeitrahmen eine endgültige Entscheidung zu erhalten. Auch Verfahrensverzögerungen, wie sie etwa durch das Pochen auf Geschäftsgeheimnisse entstehen, wollen die Verfasser des Entwurfs einen Riegel vorschieben: spezielle Fachkammern der Verwaltungsgerichte sollen über solche Fragen künftig rasch entscheiden.

Im Vordergrund der TKG-Novelle, die ein ganzes Richtlinienpaket der EU umsetzen soll, steht die aus Brüssel vorgegebene neue Linie: Mit ihr soll der Übergang zur Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts für bereits existierende Märkte geebnet werden. Die EU-Kommission erwartet dabei, dass die nationalen Regulierer in Absprache mit ihr und untereinander eine Marktabgrenzung und -analyse vornehmen. Damit einher gehen weit gefasste, bis zur Festlegung von Zugangsprinzipien und Eingriffen in die Unternehmensführung gehende Befugnisse für die Regulierungsbehörden.

Doch Oppositionspolitiker und die Telekom sehen die RegTP mit den neuen Aufgaben überfordert. "Das Auswahlermessen der Behörde wächst enorm", warnt auch Karl-Heinz Neumann vom Wissenschaftlichen Institut für Kommunikationsdienste (WIK). Das behindere letztlich die Planungssicherheit aller sich im Markt tummelnden Unternehmen. Der bereits im Vorfeld geübten Kritik sucht das Wirtschaftsministerium nun mit leichten Korrekturen am Gesetzestext zu begegnen. So wurden manche Formulierungen zum Auftrag der RegTP entschärft und Definitionen -- etwa zur Bestimmung von Märkten, auf denen kein ausreichender Wettbewerb herrscht -- klarer gefasst. Zudem soll die Behörde "frühzeitig und für einen bestimmten Zeitraum (2 Jahre)" festlegen, "welchen Markt sie aufgrund der bestehenden Marktstruktur sektorspezifisch regulieren wird".

Einen schweren Stand wird das Ministerium überdies in der kommenden Debatte bei den nur leicht überarbeiteten Überwachungsauflagen haben. So werden zwar jetzt insgesamt gemäß der zuvor bereits getroffenen Formulierungen in der TKÜV nur noch Anbieter öffentlicher Telekommunikationsdienste zu Spitzeldiensten verpflichtet. Dies aber -- so legt es der Paragraf 105 fest -- nach wie vor auf eigene Kosten, was die Wirtschaft seit langem ablehnt. Selbst Netzpolitiker der Regierungskoalition fordern in diesem Punkt seit langem eine deutliche Entschärfung des Gesetzes.

Ablehnend steht die Wirtschaft auch einer vermeintlichen "Entlastung" gegenüber: So soll die aus dem alten TKG stammende Vorschrift zur Erstellung einer Jahresstatistik über Überwachungsmaßnahmen durch die Unternehmen selbst gestrichen werden. Aufgrund der gestiegenen Zahl der Mobiltelefonierer und mit Nummern reich gesegneter ISDN-Anschlüsse sei ein Rückschluss auf die Überwachungsmanieren von Polizeien und Geheimdiensten eh nicht mehr zuverlässig, argumentiert das Wirtschaftsministerium. Doch Telcos und Provider fürchten ebenso wie Datenschützer, dass dann nur noch das von öffentlichen Stellen "geschönte" Material über die ständig zunehmenden Abhörtätigkeiten der staatlichen Lauscher Auskunft geben könnte und ihnen noch mehr Überwachungsaufträge ins Haus flattern würden.

Zur Novellierung des TKG und zur Situation bei der Telekommunikations-Deregulierung besonders im Ortsnetz siehe auch:

  • Verfahrene Kiste Ortsnetzmonopol -- Die Deregulierung der Telekommunikation ist an einem kritischen Punkt angelangt, c't 10/2003, S. 186. Das Heft ist ab dem 5. Mai im Handel.

(Stefan Krempl) / (hob)