Volkswagen-Betriebsrat spricht Diess angeblich Misstrauen aus

Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat des Konzerns soll ihren Unmut über Diess' Überlegungen zu einem möglichen Stellenabbau in einem Votum verdeutlicht haben.

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Herbert Diess

(Bild: Volkswagen)

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Die Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Volkswagen AG haben laut einem Medienbericht in der Aufsichtsratssitzung am vergangenen Mittwoch Vorstandschef Herbert Diess das Vertrauen entzogen. Die Arbeitnehmer hätten ihr Votum mit unabgestimmten Überlegungen zum Abbau von 30.000 Jobs sowie operativen Mängeln begründet, berichtet das Handelsblatt, das sich auf "Kreise des Konzerns und des Aufsichtsrats" beruft.

Der Vermittlungsausschuss solle nun eine Lösung finden, wie eine weitere Zusammenarbeit möglich sein kann, heißt es in dem Bericht. Am heutigen Donnerstag wollen Betriebsrat, Management und Kontrolleure die Beschäftigten über den weiteren Umgang mit Produktionsausfällen und Kostendruck ins Bild setzen, berichtet dpa; und zwar wegen der Pandemie nicht in einer großen Betriebsversammlung, sondern im kleineren Rahmen.

Dabei werden auch Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann erwartet, die beide im Aufsichtsratspräsidium sitzen. Diess soll nicht nur mit dem Betriebsrat, sondern auch mit dem Land Niedersachsen aneinandergeraten sein. Der VW-Chef hatte für Donnerstag erst einen Termin mit Investoren in den USA geplant, nach heftiger Kritik von Betriebsratschefin Daniela Cavallo aber sein Erscheinen in Wolfsburg angekündigt.

Inhaltlich dürfte es um die derzeitige Unterauslastung des Hauptwerks, der größten Autofabrik der Welt, und um die zeitliche Staffelung möglicher weiterer Modelle gehen. Der Betriebsrat fordert für Wolfsburg mindestens ein zusätzliches Elektroprojekt, das vor dem wohl 2026 anlaufenden Projekt "Trinity" kommt. Die Chipkrise und teilweise der schwierige Bezug von Rohstoffen bremsen die VW-Produktion. Zehntausende VW-Beschäftigte müssen seit Monaten immer wieder in Kurzarbeit. 2021 könnte in Wolfsburg so wenig produziert werden wie Ende der 1950er-Jahre.

Diess verlangt schon länger eine höhere Rentabilität und Produktivität. Ende 2020 wurden mit dem Betriebsrat auch weitere Schritte zu Fixkostensenkung und Personalabbau innerhalb bestehender Programme besprochen. Mitte Oktober wurden Diess' Überlegungen in einer Aufsichtsratsrunde bekannt, 30.000 Jobs könnten in seinem Unternehmen gefährdet sein.

Die Zahlen zum dritten Quartal fielen durchwachsen aus. Der Umsatz ging um 4 Prozent auf 56,9 Milliarden Euro zurück, das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern um 12 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Die Zwischenbilanz zeigte, wie akut besonders die Lieferschwierigkeiten bei Chips aktuell sind. Die Marken VW Pkw, Seat und Skoda aus der Gruppe "Volumen" fuhren alle operative Verluste ein, die Kernsparte VW verzeichnete ein Minus von 184 Millionen Euro.

"Die Ergebnisse zeigen einmal mehr, dass wir die Verbesserung der Produktivität im Volumenbereich jetzt konsequent vorantreiben müssen", meinte Diess. Bis 2030 will er das Stammwerk Wolfsburg fit machen für den Wettbewerb mit Tesla, diese Herausforderung werde groß. "Sicherlich brauchen wir dazu einen Abbau von Stellen."

Der 20 Personen umfassende Volkswagen-Aufsichtsrat ist zur Hälfte von der Arbeitnehmerseite besetzt. Der Volkswagen-Vorstand benötigt die Zustimmung des Aufsichtsrats beispielsweise, wenn er Zweigniederlassungen oder Produktionsstätten errichten oder aufheben will und muss dort regelmäßig Investitionsprogramme vorlegen.

(anw)