Weltraumteleskop James Webb: Früheste Galaxien doch einzelne "dunkle Sterne"?

Das Weltraumteleskop James Webb findet im frühen Universum viel zu viele Galaxien. Nun meinen Forscher, dass es sich bei einigen um "dunkle Sterne" handelt.

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Drei diffuse Lichtpunkte

Drei "dunkle Sterne" und nicht drei Galaxien?

(Bild: NASA/ESA)

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Das Weltraumteleskop James Webb hat womöglich drei Exemplare von bislang nur theoretisch beschriebenen "dunklen Sternen" entdeckt, die ihre Energie aus Dunkler Materie beziehen. Das jedenfalls meint eine Forschungsgruppe der Universität Texas, Austin, die ihren Fund jetzt vorstellte. Sollte sich dieser bestätigen, könnte das zugleich eines der größten Rätsel lösen, das sich aus den Beobachtungen des neuen Weltraumteleskops ergeben hat. Bei vielen der besonders frühen Galaxien, die damit in viel zu großer Zahl entdeckt werden, würde es sich dann lediglich um unvorstellbar helle, "puffige" Sterne handeln und gar keine ganzen Galaxien.

Vorgeschlagen wurde die Existenz dunkler Sterne im frühen Universum unter anderem von der deutsch-amerikanischen Astrophysikerin Katherine Freese. Demnach wären diese in der ersten Phase der Sternenevolution nach dem Urknall aufgetaucht und hätten größtenteils aus Wasserstoff und Helium bestanden. Im Zentrum von Protogalaxien hätte die vorhandene Dunkle Materie als Wärmequelle gedient und sie wären auf massive Ausmaße angewachsen. Sie würden vor allem im Infraroten strahlen. Bislang konnte die Theorie nicht durch Beobachtungen bestätigt oder entkräftet werden, das Weltraumteleskop James Webb (JWST) könnte aber dazu in der Lage sein. Freese ist nun auch Teil des Teams, das die Ansicht vertritt, die dunklen Sterne ausgemacht zu haben.

Wie die Gruppe ausführt, handelt es sich bei den jetzt identifizierten Objekten um drei mit den Bezeichnungen JADES-GS-z13-0, JADES-GS-z12-0 und JADES-GS-z11-0. Nach ihrer Entdeckung und der Bestätigung, dass es sich um Objekte handelt, die nur 320 bis 400 Millionen Jahre nach dem Urknall existierten, waren sie naheliegenderweise als Galaxien klassifiziert worden. Ob man es glaubt oder nicht, es könnte sich aber auch um einzelne Sterne handeln, die es in Strahlungsintensität mit Galaxien aufnehmen können, schreibt das Team um Freese jetzt. Theoretisch könnten die dunklen Sterne auf eine millionenfache Masse unserer Sonne anwachsen und mehr als 10 Milliarden Mal so hell geschienen haben.

Dass die ersten Sterne in der Geschichte des Universums dunkel gewesen sein könnten, hatten Freese und andere 2007 im Rahmen einer Publikation unter der Leitung des Astrophysikers Paolo Gondolo postuliert. Die weitestgehend unsichtbaren Sterne könnten demnach 400 bis 200.000 Mal so groß wie unsere Sonne gewesen sein und ihre Energie aus der Vernichtung Dunkler Materie gezogen haben. Damals hatte es geheißen, dass die Sterne nur Monate, aber auch Hunderte Millionen oder gar Milliarden Jahre alt werden könnten. Vorstellbar sei sogar, dass sie immer noch existieren, hatte das Team geschrieben. Benannt haben sie die "Dark Stars" nach einem Song der US-Rockband Grateful Dead.

Sollte die jetzt in den Proceedings of the National Academy of Sciences vorgestellte Behauptung zur Natur der drei Objekte bestätigt werden, könnte damit nicht nur geklärt werden, warum das JWST im frühen Universum so viel mehr Galaxien zu finden scheint, als es die Theorien hergeben. Der Fund supermassiver dunkler Sterne könnte uns außerdem der Antwort auf die Frage nach der Natur der Dunklen Materie entscheiden näher bringen. Die gehört zu den wichtigsten der Grundlagenphysik. Dass es die Dunkle Materie geben muss, folgt aus astronomischen Beobachtungen und Sternenbewegungen, die sich mit der bekannten Materie und deren Gravitation nicht ausreichend erklären lassen. Insgesamt sollte es fünfmal mehr Dunkle Materie im Kosmos geben als klassische.

(mho)