Weltraumteleskop James Webb beobachtet Galaxien beim Freiräumen des Kosmos

Das Universum war nicht immer so durchsichtig, wie wir es kennen. Erstmals wurde der Prozess des Freiräumens am Ende des Dunklen Zeitalters jetzt beobachtet.

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Sterne und Galaxien

(Bild: NASA, ESA, CSA, Simon Lilly (ETH Zurich), Daichi Kashino (Nagoya University), Jorryt Matthee (ETH Zurich), Christina Eilers (MIT), Rob Simcoe (MIT), Rongmon Bordoloi (NCSU), Ruari Mackenzie (ETH Zurich) – Alyssa Pagan (STScI), Ruari Mackenzie (ETH Zurich))

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Mit dem Weltraumteleskop James Webb wurde jetzt zum ersten Mal direkt nachgewiesen, dass die entstehenden Galaxien in der Frühzeit des Universums ihre Umgebung ionisiert und damit erst durchsichtig gemacht haben. Das ist nicht nur der direkte Beweis für die Theorie zum Ende des sogenannten Dunklen Zeitalters. Die Daten würden sogar zeigen, wie groß diese Blasen um die frühen Galaxien gewesen sind, erklärt Forschungsleiter Daichi Kashino von der Universität Nagoya. Mit dem neuen Weltraumteleskop könne man direkt sehen, wie die Galaxien ihre Umgebung reionisieren und damit weite Bereiche in ihrer Umgebung gewissermaßen geräumt haben. Die so entstandenen Blasen sind dann so lange gewachsen, bis das Universum so aussah, wie wir es jetzt kennen.

Das Forschungsteam von Kashino und ein weiteres um Simon Lilly von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich haben mit dem Weltraumteleskop James Webb (JWST) demnach gezielt Galaxien beobachtet, die wir in einem Zustand kurz vor dem Ende der sogenannten Reionisierung sehen. Damals war das Universum noch nicht richtig durchsichtig, aber auch nicht mehr ganz undurchsichtig. Licht von aktiven Galaxienkernen – den sogenannten Quasaren – aus dieser Epoche wurde auf dem Weg zu uns teilweise absorbiert. Auf dem Weg zu uns habe das Licht also Informationen über das durchquerte Gas gesammelt. Diese habe man jetzt mithilfe des Weltraumteleskops und weiterer erdgebundener Observatorien analysiert.

Herausgefunden haben die Forschungsteams, dass die untersuchten Galaxien von transparenten Regionen umgeben sind, die einen Radius von ungefähr zwei Millionen Lichtjahren haben. Damit haben sie ungefähr Gebiete freigeräumt, die von uns bis Andromeda reichen, der Nachbargalaxie der Milchstraße. Herausgefunden haben sie außerdem, dass es sich bei einem der aktiven Galaxienkerne um ein Schwarzes Loch handelt, das auf etwa 10 Milliarden Sonnenmassen kommt. Wie es bis zu dem Zeitpunkt 900 Millionen Jahre nach dem Urknall so massereich geworden ist, sei ein weiteres Rätsel, das es noch zu lösen gelte. Insgesamt habe man gehofft, ein paar Dutzend dieser frühen Galaxien mit dem JWST untersuchen zu können, man habe aber leicht 117 identifiziert.

Künstlerische Darstellung davon, wie die Galaxien während der Reionisierung ihre Umgebung freiräumen

(Bild: NASA, ESA, CSA, Joyce Kang (STScI))

Während der Reionisierung – der "kosmischen Morgendämmerung" – haben die ersten Sterne und Galaxien die Elektronen von den Wasserstoffkernen (den Protonen) getrennt. Die konnten dann keine Photonen (also Licht) mehr absorbieren, das Universum wurde transparent. Zur Erforschung dieses Zeitraums, mit dem das Dunkle Zeitalter endete, wurde erst vor Kurzem vom Supercomputer SuperMUC NG eine besonders detaillierte und umfangreiche Simulation durchgeführt. Die Reionisierung sei eine "Brücke zum frühen Universum", hieß es damals. Mit dem JWST sollten nun zahlreiche Galaxien aus diesem Zeitraum untersucht werden. Weil die ersten Ergebnisse aber so überwältigend eindeutig waren, wurden sie jetzt bereits vorgestellt. Die Analysen werden aber weitergehen.

Das von den Weltraumagenturen NASA, ESA und CSA betriebene JWST wurde am 25. Dezember 2021 gestartet. Nachdem es sich in einer komplexen Prozedur selbst entfaltet hat, ist es einen Monat später an seinem Einsatzort angekommen. Hier blickt es abgewandt von Sonne, Erde und Mond ins All, sodass deren Wärmestrahlung das Infrarotteleskop nicht stört. Ein riesiger Schutzschirm blockt diese ab. Seit Monaten zeigt sich die Forschung beeindruckt von den damit gesammelten Daten, regelmäßig werden neue Funde vorgestellt. Die Studien zur Reionisierungsepoche werden aktuell in mehreren Artikeln im Astrophysical Journal erläutert.

(mho)