Wir hatten großes Glück – Zum Tod von Abraham Lempel​ und Jacob Ziv

Wenige Wochen nach seinem Mitstreiter Abraham Lempel ist am Wochenende Jacob Ziv gestorben. Die beiden gaben dem Kompressionsverfahren LZ77 ihren Namen.

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Abraham Lempel und Jacob Ziv bei einer Veranstaltung des Technion.

(Bild: Technion)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers

Am Wochenende ist der israelische Elektroingenieur Jacob Ziv im Alter von 91 Jahren gestorben. Knapp zwei Monate zuvor verstarb der Informatiker Abraham Lempel am 7. Februar im Alter von 86 Jahren. Beide arbeiteten viele Jahre am Technion in Haifa zusammen und entwickelten dort den Kompressionsstandard LZ77 (Lempel Ziv 1977). Der Standard wird bis heute vielfach genutzt, von MP3-Musikdateien über PNG-Bilder bis zu ZIP-gepackten Datenhaufen.

Jacob Ziv wurde am 27. November 1931 in Tiberias in Britisch-Palästina geboren. Im israelischen Unabhängigkeitskrieg wurde er mit 16 Jahren zur Armee eingezogen. Nach dem Kriegsdienst durfte er am Technion, dem Technologischen Institut Israels, Elektrotechnik studieren, wo er den Bachelor und Master erwarb. Zur Promotion ging er an das Massachusetts Institute of Technology (MIT) wo er sich mit den Arbeiten von Claude Shannon und David Huffmann zur Informationsübertragung beschäftigte. Anschließend folgte ein Forschungsaufenthalt bei den Bell Labs, ehe Ziv eine Professur am Technion antrat.

Hier traf Ziv auf Abraham Lempel. Dieser wurde am 10. November 1935 im polnischen Lwiv geboren und gehörte zu einer größeren Gruppe von Waisenkindern, die von der sowjetischen Armee nach Sibirien verschickt wurden. Nach einer internationalen Rettungsaktion ging es über Paris nach Israel, wo Lempel im Kibbutz Yagur in der Nähe von Haifa aufwuchs. 1959 studierte Lempel wie Ziv Elektrotechnik am Technion, ging danach aber nach Los Angeles, um an der Universität von Südkalifornien bei Solomon Golomb zu promovieren. Nach einem Aufenthalt in den Forschungslaboratorien von Sperry Rand ging er 1971 als Professor für Informatik ans Technion, wo er Jacob Ziv traf.

Bei dem von Jacob Ziv (theoretische Grundlagen) und Abraham Lempel entwickelten LZ-Kompressionsverfahren werden neue Textteile so kodiert, dass dazu möglichst lange, bereits vorher kodierte Abschnitte in einem fortlaufend aktualisierten Speicher gesucht und als Köpfe neuer Codewörter benutzt werden. Am Technion in Haifa hängt eine Plakette zum Gedenken an diesen bahnbrechenden Algorithmus mit einem englischen Beispiel:

I am an engineer therefore I am an engineer, and only if I am an engineer

wird zu

I am an engineer* there&fo& *, and only if *

"I am an engineer" ist dreimal vorhanden und kann komprimiert werden, ebenso das "re" in therefore (ausführlichere Erklärungen der Verfahren). Gleich nach dem ersten patentfreien Kompressionsverfahren LZ77 entstand LZ78 unter ungewöhnlichen Umständen. Während Ziv 1978 für ein weiteres Jahr zu den Bell Labs ging, war Lempel bei Sperry Rand, wo der verfeinerte Algorithmus LZ78 auf einem Computersystem implementiert wurde.

Laut einem Interview mit Jacob Ziv führte eine Serie von Missverständnissen dazu, dass Sperry Rand LZ78 patentieren konnte. Das blieb lange Zeit ohne Folgen, bis die Firma Unisys als Rechtsnachfolger von Sperry Rand Patentgebühren einforderte, als das GIF populär wurde. Spektakulär auch der Rechtsstreit um eine LZ-Weiterentwicklung der Firma Stac Electronics, die von Microsoft in MS-DOS 5.0 genutzt wurde. 1994 musste Microsoft dafür 120 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen.

"In der Wissenschaft muss man nicht nur klug und gewitzt sein, man muss auch Glück haben. Wir hatten das Glück in dem Sinne, dass wir mit unserem Ansatz gleich nette Resultate zeigen konnten, die zu einem effektiven Algorithmus führten", sagte Jacob Ziv im erwähnten Interview. Während Ziv und Lempel für ihr Kompressionsverfahren (und weitere Forschungserfolge) mit zahlreichen Auszeichnungen und Medaillen geehrt wurden, ging einer leer aus. Der 1939 geborene Terry Welch, der das W in dem 1984 veröffentlichten und ebenfalls populären Lempel-Ziv-Welch-Verfahren stellt, war bereits krank, als LZW populär wurde. Er starb 1988 im Alter von 49 Jahren an einem Tumor.

(vbr)