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X-Server 1.16: Neue Beschleunigungstechnik und Xwayland-Support

Thorsten Leemhuis

Der neue X-Server kann nun OpenGL nutzen, um Aufgaben an den Grafikchip zu delegieren. Neu dabei ist auch Systemd- und Xwayland-Unterstützung; letztere können Wayland-Compositor nutzen, um X11-Anwendungen auszuführen.

Anders als bei den letzten Versionssprüngen bringt der jetzt erhältliche X-Server 1.16 [1] gleich einen ganzen Schwung wichtiger Neuerungen. Die wichtigste ist die Integration des vorher extern entwickelten "Glamor" [2]. Der X-Server von X.org, auf den alle Mainstream-Linux-Distributionen zur Darstellung der grafischen Bedienoberflächen zurückgreifen, kann dadurch OpenGL-Befehle nutzen, um Oberflächenelemente zu zeichnen und zusammenzusetzen.

Wie andere 3D-Anwendungen verarbeitet der X-Server die OpenGL-Befehle nicht selbst, sondern überlässt das den unabhängig von X.org entwickelten OpenGL-Treibern – etwa jenen von Mesa 3D, das Linux-Distributionen standardmäßig einrichten. Glamor kann so die Entwicklung der X-Server-Treiber enorm erleichtern, denn die haben bislang zumeist 2D-Beschleunigungs-Verfahren wie EXA [3] implementieren müssen, damit die Treiber ausreichend Performance liefern. Genau wie es Glamor nun über OpenGL-Treiber macht, delegieren diese Techniken die Zeichenaufgaben an den Grafikchip, was den Prozessor entlastet und die Performance verbessert.

Glamor funktioniert Hardware-unabhängig und erleichtert auch das Design anderer Techniken. Aus diesem Grund haben die Macher der Wayland-Display-Architektur auch Xwayland auf Glamor angepasst, mit dem sich für den X-Server geschriebene Anwendungen unter Wayland-Compositoren ausführen lassen; Xwayland ist dadurch um einiges weniger komplex, erfordert keine direkte Unterstützung im X-Server-Treiber mehr und arbeitet schneller. Das wiederum dürften Gründe gewesen sein, warum die X.org-Entwickler die Xwayland-Unterstützung jetzt in den X-Server 1.16 integriert haben, nachdem diese bereits einige Jahre außen vor geblieben war. Das zum Xwayland-Code des neuen Xservers passende Gegenstück auf der Wayland-Seite steckt im Wayland-Compositor Weston 1.5, der im Mai erscheinen ist [4].

Auch Xnest-Nachfolger Xephyr [5], das einen X-Server unter einem anderen X-Server startet, kann nun Glamor nutzen und dadurch Hardware-beschleunigt arbeiten. Ausgebaut haben die Entwickler die Unterstützung für Grafikchips, die nicht über PCI oder damit verwandte Verbindungen wie PCIe/PEG und AGP angesprochen werden.

Neu ist auch Unterstützung für Systemd, was den Boot-Vorgang beschleunigen und die Zuverlässigkeit verbessern soll. Diese Unterstützung legt auch Grundlagen, um den X-Server unter Linux ohne Root-Rechte zu betreiben, wie es bei Fedora mittelfristig der Fall sein soll [6]. (thl [7])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-2261794

Links in diesem Artikel:
[1] http://lists.x.org/archives/xorg-announce/2014-July/002457.html
[2] http://www.freedesktop.org/wiki/Software/Glamor/
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/EXA_(Software)
[4] https://www.heise.de/news/Wayland-und-Weston-1-5-bringen-X11-Abwaertskompatibilitaet-2194392.html
[5] http://www.freedesktop.org/wiki/Software/Xephyr/
[6] http://hansdegoede.livejournal.com/14446.html
[7] mailto:thl@ct.de