Zum Tod des Internet-Pioniers Robert Taylor

Im Alter von 85 Jahren ist der US-amerikanische Forschungsleiter Robert Taylor gestorben. Unter seiner Regie entstand in den 60er Jahren das Arpanet als Vorläufer des Internet.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 30 Kommentare lesen
Zum Tode von Robert Taylor: ein unendliches Crescendo der Online-Arbeiter

(Bild: Wikipedia, CC BY-SA 2.0)

Lesezeit: 4 Min.
Von

Das Internet hat viele Väter. Robert Taylor ist einer von ihnen. In seiner Zeit als Direktor des Information Processing Techniques Office überzeugte er den Leiter der Forschungsagentur ARPA im Jahre 1966, ihm eine Million US-Dollar für den Aufbau eines ARPA-Netzwerkes zu geben. 1968 beschrieb er zusammen mit J.C.R Licklider in einem wissenschaftlichen Artikel den Einsatz des Computers als universelles Kommunikationsmittel.

Unter seiner Regie wurde am Xerox-Forschungszentrums der Xerox Alto entwickelt, der erste Computer mit einer grafischen Bedienoberfläche. Später wechselte er zu Digital Equipment (DEC), wo unter seiner Leitung die Suchmaschine Altavista aufgebaut wurde. Vor seiner Pensionierung arbeitete er an der Entwicklung von E-Books. Taylor starb an Komplikationen in Folge der Parkinson-Krankheit.

Robert Taylor wurde am 10. Februar 1932 im texanischen Dallas geboren und von der Familie eines Predigers adoptiert. Er erlebte eine Wanderjugend, weil seine Eltern von Gemeinde zu Gemeinde zogen. Nach der Schule studierte er halb ernsthaft Theologie, doch wechselte er nach seinem Einsatz im Koreakrieg mit Hilfe der GI Bill in die harten Wissenschaften: Er studierte Psychoakustik und Mathematik und beschäftigte sich in der Hirnforschung mit der Rolle von Nervenzellen. Eine Promotion schlug er aus, weil für sie Psychologie als Pflichtfach gefordert wurde.

Nach einer ersten Anstellung bei der Rüstungsfirma Martin Marietta wechselte Taylor 1962 zur ARPA, der US-amerikanischen Forschungsbehörde "Advanced Research Projects Agency". Hier arbeitete er zunächst unter Ivan Sutherland an graphischen Informationssystemen, ehe er sich als Nachfolger von Sutherland mit dem Problem der Vernetzung von Computersystemen befasste.

Im Büro von Robert Taylor standen damals drei verschiedene Terminals, über die er mit unterschiedlichen Forschergruppen kommunizierte. Seinem Chef, dem österreichischen Exilanten Charles Herzfeld, machte Taylor den Vorschlag, statt der jeweils eigenen Terminals "Nodes" zu entwickeln, die in der Lage sind, mit allen Hostrechnern zu kommunizieren. Für die Forschung an diesem ARPANET erhielt er umgehend das nötige Geld. In dem gemeinsam mit Licklider 1968 geschriebenen Papier The Computer as a Communication Device (PDF-Datei) finden sich Taylors Zeichungen zur Funktion dieser Nodes, die stark an Skizzen von Gehirnzellen erinnern.

Licklider und Taylor gingen weit über die Technik der Vernetzung hinaus und schilderten, wie Menschen ihren Tag mit OLIVER verbringen, dem "On-Line Interactive Vicarious Expeditor and Responder". Ihre gewagte Vorhersage: "Die Arbeitslosigkeit wird für immer verschwinden. Angesichts der Größenordnung des Unterfangens, dieses Computer-Netzwerk auf alle heutigen und künftigen Computer zu erweitern, wird die gesamte Bevölkerung der Welt damit beschäftigt sein, in einem unendlichen Crescendo von online interaktiv durchgeführtem Debugging das Netz zu warten."

Im Jahre 1970 übernahm Robert Taylor die Leitung des Palo Alto Research Center von Xerox. Hier wurde mit dem Alto der erste Computer mit grafischer Bedienoberfläche entwickelt, der Steve Jobs nachhaltig inspirierte. Dass Jobs überhaupt der Zutritt zur Forschungsstätte gewährt wurde, bezeichnete Taylor 1999 als dummen Fehler. Er war zu diesem Zeitpunkt auf Reisen und hätte den Zugang zu den Forschungsjuwelen untersagt. Mit der Entwicklung des Laserdruckers sei sein Forschungsbereich kommerziell erfolgreich gewesen, wehrte Taylor später in vielen Interviews den Vorwurf ab, den Markt der "Personal Computer" verpasst zu haben.

1983 verließ Taylor Xerox zusammen mit anderen Wissenschaftlern in Unfrieden, verärgert über das Management, das den Wert der Entwicklungen (etwa die Ethernet-Vernetzung oder die grafische Oberfläche) nicht erkannte. Taylor blieb in Palo Alto und baute dort ab 1984 für DEC das Systems Research Center auf. Zu seinen Anstößen gehört die Entwicklung einer Suchmaschine für das langsam unübersichtlich werdende Internet, Altavista genannt.

1996 ging Taylor in den Ruhestand, ließ sich im kalifornischen Woodside nieder und verweigerte fortan das Reisen, weil Computer und Internet ausreichen würden. Als ihn US-Präsident Clinton mit der hohen Auszeichnung der "National Medal of Technology" ehren wollte, blieb er zu Hause. Im Interview erklärte er seine Verwunderung, wie lange die Entwicklung des Internet doch brauchte: "Im Jahr 1975 war die meiste Technologie schon da, 1985 war es finanziell machbar, doch es ging erst 1995 richtig los. Mein Timing war furchtbar." (odi)