Ferrari electronic verabschiedet sich vom Direktvertrieb

Ein reinrassiger 2-Tier-Vertrieb über die Distribution und einen strukturierten Partnerkanal ist das erklärte Ziel von Ferrari electronic-Vorstand Stephan Leschke. Die Umstellung erfordert sowohl beim Hersteller wie auch den Partnern eine Refokussierung.

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Von
  • Matthias Parbel

Stephan Leschke, Vorstand, Ferrari electronic AG

"Über das Thema Microsoft Lync verkaufen wir mehr Fax als je zuvor", freut sich Stephan Leschke, Vorstand bei der Ferrari electronic AG. Denn das ursprünglich auf die Entwicklung von Fax-Karten spezialisierte Unternehmen aus dem brandenburgischen Teltow bei Berlin zählt mittlerweile zu den wenigen weltweit aktiven Anbietern, die auch klassische analoge und ISDN-Telefonie mit moderner IP-Kommunikation kompatibel machen können. So spannt der Media-Gateway "OfficeMaster Gate" unter anderem beispielsweise die Brücke zwischen den weit verbreiteten DECT-Infrastrukturen und Microsofts Kommunikationsserver Lync. "Wir kümmern uns sozusagen um die 'missing links' in Lync – von der Analoganbindung bis zu den Enterprise-CALs", erläutert Leschke. Etwa wenn es darum geht, eingehende Anrufe – mittels der Informationen aus dem Active Directory – auch direkt an klassische Telefonanlagen durchzurouten. Oder wenn Video-Türfreisprechanlagen in die Lync-Infrastruktur eingebunden werden sollen.

Allein in diesem Umfeld eröffne sich Ferrari electronic und dessen Vertriebspartnern ein breites und sogar noch wachsendes Betätigungsfeld. Denn Lync entfalte zwar schon heute ein beachtliches Potenzial, im praktischen Einsatz steht die Microsoft-Plattform aber noch am Anfang, räumt Leschke im Gespräch gegenüber heise resale ein. "Immer mehr Unternehmen beschäftigen sich mit den neuen Technologien, die Ablösung der klassischen Telefonanlagen wird sich aber sicher noch über die nächsten 5 bis 15 Jahre hinziehen", ist der Ferrari electronic-Chef überzeugt.

Um künftig sowohl die wachsende Kundenklientel wie auch Channel-Partner effizient und kompetent betreuen zu können, stellt Ferrari electronic den Vertrieb auf ein reinrassig zweistufiges Modell um. "Aus unserer Historie heraus haben wir sowohl Kunden wie auch viele Händler direkt betreut", erklärt Leschke. Künftig werde der Hersteller den eigenen Direktvertrieb an Endkunden aber vollständig einstellen – und auch das Gros der Partner soll primär über die Distribution bedient werden. "Das erfordert sicherlich ein Umdenken. Nicht nur auf Seiten unserer Partnerbetreuer, sondern auch bei den Resellern", ist sich Leschke bewusst. Die Umstellung sei aber absolut notwendig. Nur so könne auf Dauer eine qualitativ hochwertige Betreuung von Kunden und Partnern gewährleistet werden.

Für eine Reihe von Ferrari-Partnern wird die Neuaufstellung des Channels nachhaltige Konsequenzen haben – insbesondere die exklusiven Ferrari electronic Competence Center (FCC) stehen vor tiefgreifenden Veränderungen. Noch im vergangenen Jahr umfasste dieser Vertriebskanal rund 120 Mitglieder, heute sind es nur noch gut 60. "Ich gehe davon aus, dass es im Zuge der verschärften Konditionen in Zukunft noch weniger werden", prognostiziert Leschke. Denn der Riege seiner Top-Partner wird der Hersteller künftig unter anderem deutlich höhere Mindestumsätze abverlangen. Reseller beispielsweise, die im Jahr nur 10.000 Euro mit den Ferrari electronic-Produkten erwirtschaften, müssen sich künftig in den allgemeinen Channel des Herstellers einreihen. Details zu den künftigen Anforderungen an die jeweiligen Partnerstufen will Ferrari electronic im Rahmen des diesjährigen Partnertages am 6. Juni in Potsdam bekanntgeben.

"Die Eckpunkte für die Matrix, nach der unsere Vertriebspartner künftig eingestuft werden, haben wir schon über einige Monate hinweg im Dialog mit unseren Channel-Partnern entwickelt", betont Vorstand Leschke und ergänzt: "Im Gegenzug stellen wir ein Budget von 11 Millionen Euro zur Verfügung, mit dem wir unsere Partner gezielt unterstützen werden." Auch die qualifizierte Weitergabe von Leads – allein im April waren es gut 650 – will Leschke als aktive Anschubfinanzierung für den Channel verstanden wissen. Dabei komme den FCCs eine Sonderstellung innerhalb der Partnergemeinde zu: "Das ist quasi unsere Bundesliga – in der es sicher auch Auf- und Absteiger geben wird", erläutert Leschke. Die Zahl der Partner insgesamt will der Ferrari electronic-Vorstand aber nicht wesentlich verändern. Mit rund 310 Partnern in Deutschland sei der Hersteller gut aufgestellt, wenn es gelingt die brachliegenden Marktpotenziale auch auszuschöpfen.

Nachholbedarf sieht Leschke hingegen im europäischen Channel. Vor allem Großbritannien sei im Hinblick auf Lync ein attraktiver Markt, den der Hersteller gerne intensiver erschließen möchte. Dabei hofft Leschke auf die Kooperation mit spezialisierten Distributoren. Während Ferrari electronic hierzulande vor allem mit Also, Allnet, Ingram Micro und Komsa zusammenarbeitet, könnte sich Leschke für Großbritannien auch eine Kooperation mit der Westcon-Gruppe vorstellen. (map)