Make Magazin 5/2023
S. 32
Make
Report

Interview mit Eben Upton

Auf der Maker Faire Hannover gab es nicht nur sehenswerte Projekte, sondern ebenso viele interessante Menschen – darunter auch den Mitbegründer des Raspberry Pi. Wir haben die Chance genutzt und ihm ein paar Fragen gestellt.

von Ákos Fodor

Wenn ihr auf der Maker Faire wart, seid Ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit an Eben Upton vorbeigelaufen und habt es gar nicht gemerkt. Kein Wunder, denn der sympathische Brite, dem wir den Raspberry Pi verdanken, fügte sich mit seinem lässigen Look und der aufgeschlossenen Art nahtlos in das Gewusel ein. Richtige Maker glänzen nunmal mit ihren Projekten und so unterstützte er am Berrybase-Stand neugierige Besucher mit Rat und Tat. Zu unserem Glück durften wir ihn zwischendurch kurz zur Seite nehmen und interviewen. Das ursprünglich in Englisch geführte Gespräch haben wir für das Heft mithilfe von DeepL ins Deutsche übersetzt und redaktionell bearbeitet. Die Original-Fassung findet ihr auf unserem YouTube-Kanal (siehe Link).

Make: Hallo Eben Upton, vielen Dank, dass Sie hier sind. Wie ist Ihr bisheriger Eindruck?

Upton: Danke, dass ich hier sein darf. Es ist unglaublich (zeigt auf die Maker Faire im Hintergrund). Das ist meine erste Maker Faire seit Corona und ich glaube, sogar meine erste Maker Faire seit etwa 2017, denn wir bekamen ein Baby und dann kam Corona. Ich war also schon lange nicht mehr auf einer Maker Faire und finde sie einfach unglaublich.

Make: Waren Sie schon einmal hier?

Upton: Bisher noch nicht. Ich war früher ziemlich regelmäßig auf den amerikanischen Maker Faires, der World Maker Faire in New York, auf der Bay Area Maker Faire in San Mateo und auf einer oder zwei in Großbritannien, aber noch nie in Deutschland.

Make: Dann haben sie ja vielleicht einen neuen Anlaufpunkt.

Upton: Auf jeden Fall. Das ist mein neues Zuhause.

Make: Sehen Sie sich selbst auch als Maker?

Upton: Ja, absolut. Das ist die Kultur, aus der wir kommen, auch wenn sie damals in Großbritannien vielleicht ein bisschen weniger entwickelt war, als wir mit den Raspberry Pis anfingen. Wir waren schon Maker, aber der Idee des Machens (Making) als Kultur nicht so weit verschrieben, wie es wahrscheinlich in den USA oder auch hier in Deutschland der Fall ist.

Aber als der Raspberry Pi sich auch außerhalb Großbritanniens verbreitete, kamen wir in Kontakt mit der Maker-Community und der Maker-Kultur. Und wir haben irgendwie festgestellt, dass wir in ihr sozusagen unser Zuhause gefunden haben.

Make: Arbeiten Sie denn auch privat an Maker-Projekten?

Upton: Nun, ich sollte es, aber ich schaffe es nicht. Eine der Tragödien des Raspberry Pi ist für mich persönlich, dass er als Projekt meine ganze Zeit in Anspruch nimmt – das und natürlich meine Familie. Deshalb verbringe ich heutzutage verhältnismäßig wenig Zeit mit Spielen. Ich mache zwar eines der besten Spielzeuge der Welt mit dem Raspberry Pi, aber ich habe vergleichsweise nur wenig Zeit, um mit ihm zu experimentieren. Es geht um die Work-Life-Balance. Aber geben Sie mir fünf Jahre und vielleicht sieht es dann anders aus.

Make: Wann können wir denn mit dem nächsten Spielzeug in Form eines Raspberry Pi rechnen?

Upton: Nun, es wird offensichtlich irgendwann einen Raspberry Pi 5 geben. Das Seltsame am Raspberry Pi 4 ist natürlich, dass er jetzt schon vier Jahre alt ist. Wir haben ihn im Juni 2019 auf den Markt gebracht. Aber weil wir zwischendurch eine Pandemie und eine Lieferkettenkrise hatten, fühlt es sich gleichzeitig wie ein ziemlich altes Produkt an, aber auch wie ein Produkt, das gerade erst anfängt, auf die Beine zu kommen. Selbstverständlich müssen wir noch etwas Neues machen. Unser Entwicklungsteam hat in den letzten Jahren viel Zeit damit verbracht, die Kernprodukte so umzugestalten, dass sie trotz der Lieferengpässe weiterhin hergestellt werden können.

Make: Und wie sieht es mit Neuentwicklungen aus?

Upton: Die Leute waren vielleicht ein wenig davon abgelenkt, darüber nachzudenken, was wir als Nächstes tun werden. Aber jetzt, da die Krise überwunden ist, ist es natürlich großartig, dass wir hier auf der Maker Faire die Raspberry Pis in unbegrenzten Mengen zum angegebenen Preis verkaufen können. Das ist ein echtes Zeichen dafür, dass wir die Krise hinter uns gelassen haben. Und das Ingenieurteam hat jetzt ein bisschen mehr Zeit, um darüber nachzudenken, wie ein Raspberry Pi 5 oder ein Raspberry Pi Pico 2 oder so etwas aussehen könnten.

Make: Mit dem Raspberry Pi 4 lassen sich ja auch schon allerhand anspruchsvolle Projekte umsetzen.

Upton: Ja, und er hat ja auch ein Midlife-Upgrade bekommen. Wir starteten damals mit 1,5GHz. Moderne Raspberry Pi 4 laufen jetzt mit 1,8GHz. Dafür waren auch Änderungen an der Stromversorgung notwendig, die den 1,8GHz-Betrieb erst ermöglichen. In einer früheren Generation hätten wir das Upgrade vielleicht als Plus-Produkt bezeichnet oder 4 Plus genannt. Stattdessen haben wir die Neuerungen aber in die laufende Kette eingegliedert.

Make: Wie kam es eigentlich zu der Entscheidung, mit dem Raspberry Pi Pico einen eigenen Mikrocontroller auf den Markt zu bringen?

Upton: Nun, das ist interessant. Ich hatte heute schon auf der Messe die Gelegenheit, darüber zu sprechen. Als Ingenieure nutzen wir individuell alle schon seit 10, 20, 30 Jahren Mikrocontroller. Der Raspberry Pi selbst, unser Kernprodukt, besitzt kein Mikrocontroller-Element. Aber fast jedes Zubehör, das wir herstellen, verfügt über eine Art Mikrocontroller, der das Verhalten des Zubehörs steuert. Wir haben also eine Menge Erfahrung mit Mikrocontrollern und etwa um das Jahr 2017 herum hatten wir schon eine ziemlich gute Vorstellung davon, was uns an den Mikrocontrollern anderer Leute gefiel und was nicht. Wenn man etwas in Millionenstückzahlen pro Jahr verwendet, fragt man sich natürlich irgendwann, ob man es vielleicht selber besser machen könnte.

Make: Und daraus entstand dann der RP2040?

Upton: Er ist sozusagen die Summe aller Erfahrungen des Teams mit den guten und den schlechten Aspekten anderer Plattformen und hat sich für uns wirklich gut bewährt. Wir hatten natürlich auch Glück, dass er im Januar 2021 auf den Markt kam, als sich die Lieferketten für das Kernprodukt gerade verengten. Zugang zu Chips zu haben, die uns fast unbegrenzt zur Verfügung standen war wirklich hilfreich, da wir einen Teil der Produktion des Raspberry Pi auf industrielle Abnehmer umleiten mussten. Eine weitere Produktlinie zu haben, die nicht knapp war und die wir nutzen konnten, um mit der Maker-Community in Kontakt zu bleiben, war wirklich wertvoll für uns und ich denke, auch für die Community.

Make: Wenn man auf die Geschichte des Raspberry Pi zurückschaut: Erfüllt der Pico das ursprünglich gesetzte Ziel vielleicht sogar noch besser?

Upton: Das tut er. Und das Seltsame daran ist, dass die Programmiererfahrung in gewisser Weise sogar eher dem entspricht, was ich mir ursprünglich vorgestellt habe. Es ging mir um eine sehr reduzierte Programmiererfahrung. Und das ist die Art von Kommandozeilenerfahrung, die man bekommt, wenn man sich mit einem seriellen Terminal verbindet. Wir haben eine nette kleine Demo am Stand von Berrybase laufen, wo man mit NeoPixeln und einem Raspberry Pi Pico experimentieren kann. Ich war in der Lage, sehr schnell etwas mit einem Pico W zu bauen, das die Informationen darüber abruft, welche Astronauten sich gerade im Weltraum befinden.

Make: Wieviele sind es denn?

Upton: Im Moment sind zehn Menschen im All: Sieben auf der ISS und drei auf der chinesischen Station. Und ich konnte meine NeoPixel mit sieben blauen und drei grünen Lichtern zum Leuchten bringen. Es gibt eine Web-API, die Sie aufrufen können, um das hinzubekommen. Das ist toll und der Code besteht nur aus wenigen Zeilen. Und es ist eine unmittelbare Programmiererfahrung. Man bootet nicht einen Linux-Computer und lässt dann Python darauf laufen, sondern man hat einen Rechner, der in Python bootet, so wie ein Commodore 64 in BASIC gebootet hat. Vielleicht sind meine ursprünglichen Ansichten falsch, aber ich sehe einen Wert in dieser unmittelbaren Programmiererfahrung.

Make: Für den RP2040 haben Sie sich für MicroPython entschieden. Ist das ein besserer Einstieg als BASIC?

Upton: Wir glauben, dass Python der natürliche Nachfolger von BASIC ist. Es besitzt diese Einfachheit in der Syntax, wo „print hello world“ buchstäblich nur „print hello world“ ist. Und es gibt kein umständliches Gerüst. Sie wissen schon, wenn Sie sich „Hallo Welt“ in Java ansehen, ist der Code ungefähr 10 Zeilen lang und es gibt eine Menge drumherum. Man muss eine Klasse erstellen und eine statische Methode und so weiter. Das ist ziemlich viel am Anfang und wenn man versucht, das jemandem beizubringen, muss man sagen: „Oh, mach dir keine Sorgen um dies. Oh, kümmere dich nicht um das.“ Das ist eine wirklich schlechte Art, ins Programmieren einzusteigen und eine wirklich schlechte Ausgangsbasis, wenn man versucht, jemandem etwas über Computer beizubringen. „Oh, dieser Teil ist schwierig, der dort auch und jener erst.“ Stattdessen hat man „print hello world“.

Make: Und wenn man Erfahrungen gesammelt hat, kann man ja auch komplexere Programme schreiben.

Upton: Bei Python ist die unterste Sprosse der Leiter, wie bei BASIC, sehr nah am Boden. Aber anders als bei BASIC ist die oberste Sprosse in den Wolken. Man kann auch in Python riesige Stücke professioneller Software schreiben. Das ist und war schon immer unsere Auffassung von Python. Und die Entwicklung von MicroPython durch Damien George in den letzten fünf Jahren hat es uns wirklich ermöglicht, all diese Werte in den Mikrocontroller-Bereich zu bringen. Das ist großartig, wissen Sie!

Wenn Sie wollen, können Sie Ihren RP2040 auch gern in C programmieren. Das ist eine der von uns unterstützten Optionen, Programmierung in C, C++ oder Assembler. Aber wenn es nur darum geht, etwas in einer eingebetteten Umgebung zu machen – und in 90% der Fälle wollen Leute genau das – solange Sie genug Speicher und CPU-Leistung haben, können Sie Ihren Code in Python schreiben und eine viel höhere Produktivität erreichen.

Und MicroPython unterstützt zudem Inline-ARM-Assembler und Inline-PIO-Assembler. Man kann also tatsächlich den PIO (Programmed Input/Output) ansteuern, den interessantesten Aspekt der RP2-Architektur. Man kann ihn tatsächlich steuern, ohne dafür C zu verwenden.

Make: Es scheint auf dem Mikrocontroller-Markt einige Kooperationen zu geben. Wie ist Ihr Verhältnis zu anderen Herstellern?

Upton: Zweifellos sind wir sehr gute Freunde von Arduino. Sie haben den Weg beschritten, Kunden aus dem Bildungsbereich zu unterstützen, Maker zu befähigen und ihnen beim Übergang in professionelle Rollen zu helfen. Damit waren sie uns wahrscheinlich fünf Jahre voraus. Das Interessante an Arduino und Raspberry Pi ist, dass es selbst jetzt, wo wir den Pico haben, nur sehr selten signifikante Überschneidungen zwischen Dingen gibt, die man eher auf einem Raspberry Pi oder auf einem Arduino macht. So haben wir es geschafft, mit Arduino befreundet zu bleiben. Jetzt stellen sie den RP2040 Nano Connect her, ein Arduino-Produkt, das auf unseren Chips aufbaut. Und sie waren einer unserer frühen Partner. Sie hatten drei Monate vor der Markteinführung Zugang zu unserem Chip-Design. Massimo und Fabio sind gute Freunde. Wir kennen diese Jungs. Und ich hoffe, dass wir noch mehr Produkte zusammen machen können.

Make: Viele Maker sind daran interessiert, mit Elektronik zu spielen und zu lernen, möchten aber gleichzeitig keine unethischen Arbeitsbedingungen unterstützen. Lässt sich das vermeiden?

Upton: Ich kann das durchaus verstehen und bin mir nicht sicher. Ich meine, offensichtlich sind wir jetzt ein verhältnismäßig großes Unternehmen. Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen rund um die Lieferkette und die Ethik in unserer Lieferkette. Wir arbeiten sehr hart daran, denn während wir unsere Produkte zwar nicht direkt in China herstellen, beziehen wir viele unserer Komponenten und Produkte von dort. Wir haben einige fantastische chinesische Partner, vor allem im Bereich der Elektromechanik, z.B. für Leiterplatten, Steckverbinder und Zubehör. Und wir tun unser Bestes, um sicherzustellen, dass all diese Leute sich so verhalten, dass wir stolz auf sie sein können.

Das ist der Test, wissen Sie? Wäre man glücklich, ein Problem zuerst auf der Titelseite einer Zeitung vorzufinden? Stellen Sie sich vor, es gäbe keine Geheimnisse. Würden Sie sich immer noch wohlfühlen? Das ist immer die Messlatte, die wir an die Ethik der Lieferketten angelegt haben. Ich kann diese Bedenken allerdings verstehen. Wenn man bei AliExpress kauft, ist es unwahrscheinlich, dass das gekaufte Teil unter Bedingungen hergestellt wurde, auf die man stolz sein kann.

Make: Planen Sie weitere Produktionen in Europa?

Upton: Wir produzieren alle unsere Endprodukte in Europa, im Vereinigten Königreich. Und das erspart uns natürlich viele Probleme. Tatsächlich baut Sony die Produkte für uns. Sie werden also in Großbritannien gebaut und zusätzlich noch von einem internationalen Blue-Chip-Elektronikunternehmen. Das hilft uns ungemein. Wenn wir beispielsweise viele Geräte bauen, wie es im Moment der Fall ist, wir uns also in einer Art Stoßbetrieb befinden, lagern wir einen Teil der Produktion aus, aber innerhalb der Sony-Organisation. Dieser Teil der Produktion erfolgt bei Spitzenauslastung dann in Japan, aber, wie gesagt, von Sony produziert. Wir können uns auf ihre Integrität und Fähigkeit stützen, in der Lieferkette vorgelagerte ethische Standards zu gewährleisten.

Make: Ließen sich manche Komponenten auch in Europa herstellen?

Upton: Leiterplatten sind überraschend schwer herzustellen und eine Produktion im Vereinigten Königreich in großem Maßstab aus dem Boden zu stampfen, wäre sehr schwierig. So etwas lohnt sich vor allem bei großen Mengen. Unser Lieferant, ein Unternehmen namens Olympic in China, ist absolut riesig und ein fantastisches und sehr ethisches Unternehmen.

Könnte man Steckverbinder oder USB-Stecker im Vereinigten Königreich herstellen? Vielleicht, und wir haben das auch in Betracht gezogen. Aber ich denke, dass es besser ist, einen Partner aus dem Fernen Osten zu finden, den man überprüfen kann und mit dem man sich wohl fühlt – nicht, weil sie niedrige Arbeitskosten oder irgendeinen besonderen Vorteil haben, sondern weil sie es einfach die ganze Zeit und seit Jahren tun und die Schwachstellen aus dem Herstellungsprozess beseitigt haben.

Make: Zurzeit wird über Open-Source-Projekte diskutiert, die zu Closed-Source gewechselt sind. Auch Prusa steht mit dem MK4 in der Kritik. Wie ist Ihre Perspektive auf das Thema Open-Source?

Upton: Wir haben nie alles als Open Source angeboten. Der Raspberry Pi war nie ein offenes Hardwareprodukt. Es gibt auch keine Bestrebungen, ein offenes Hardware-Produkt zu machen. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass es unser Ziel ist, die beste Hardware für unsere Kunden zu bauen. Wir sind nicht ideologisch, sondern wollen ein nachhaltiges Unternehmen aufbauen, das es sich leisten kann, die wirklich immensen Investitionen zu tätigen, die wir tätigen müssen. Der RP2040-Mikrocontroller ist ein 5-Millionen-Dollar-Programm. Wenn man Projekte in dieser Größenordnung durchführt, muss man sicher sein, dass sich das auch rentiert, und dass man ein nachhaltiges Geschäft hat. Und dafür ist es nicht unbedingt die beste Wahl, alle Hardware-Designs offen zu legen. Wir versuchen, so viel von unserer Software offen zu gestalten, wie wir können.

Make: Hat das auch schon einmal zu Problemen geführt?

Upton: Etwa in 2012 bestand ein erheblicher Teil unserer Softwareunterstützung für dieses Ding, das die Leute manchmal negativ als „Blob“ bezeichnen, start.elf, eine Closed-Source-Komponente, die den größten Teil der Multimedia-Funktionen des Systems ausführte (und nur als Binary veröffentlicht wurde, Anm. d. Red.). Wir haben damals versprochen, uns zu kümmern. Natürlich gab es auch Skeptiker, aber wir haben über die Jahrzehnte hinweg geschafft, nach und nach Hardware-Komponenten zu nehmen, sie von der Blob-Komponente zu befreien und in offenen Code zu überführen, der auf dem ARM-Chip läuft. Die erste dieser Komponenten war natürlich die 3D-Hardware, aber jetzt sind die Scan-Out-Hardware und Elemente der Videocodec-Hardware offen.

Make: Also öffnet sich der Raspberry Pi immer mehr?

Upton: Ich denke, wir werden sehr bald an einen Punkt gelangen, an dem es keinen wirklich geschlossenen Quellcode mehr gibt. Vielleicht bleibt ein wenig Code, der die Takte und die Leistung steuert, denn dieser Code ist sehr anfällig und heikel, und wir würden ihn am liebsten einbrennen, sodass niemand sich daran zu schaffen macht. Abgesehen davon vermute ich aber, dass wir am Ende eine Plattform haben werden, die eine geschlossene Hardware, aber 100% offene Software hat.

Make: Und manchmal muss man ein Projekt auch ein wenig schützen.

Upton: Ja, wir sind pragmatisch, nicht ideologisch. Es ist immer wichtig, dass man ehrlich damit umgeht. Wenn man herumgeht und sagt, das Projekt wäre... Und ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Prusa das getan hat. Die Leute sind vielleicht unnötigerweise ein bisschen böse auf sie. Wenn man herumgeht und sagt, ein Projekt sei Open Source, und dabei ist es das nicht, dann hat man es verdient, Vorwürfe zu erhalten. Wenn man ehrlich sagt, was man getan hat und warum man es getan hat, dann können die Leute einem widersprechen. Und wenn sie es tun, das Produkt einfach nicht kaufen. Dann hat man auch keinen Grund, sich zu beschweren.

Make: Was wünschen Sie der Maker-Community und was würden Sie gern mehr sehen?

Upton: Wenn ich hier rüberschaue, sehe ich viele junge Leute in diesem Raum, die die demografische Verteilung in der Gesellschaft besser widerspiegeln als es die erwachsene Ingenieurgemeinschaft tut. Es sind vor allem mehr Mädchen hier. Das ist ein großes Thema. Ich bin sicher, in Deutschland ist es ähnlich wie im Vereinigten Königreich: Wenn man sich die Leute anschaut, die in der Technologiebranche arbeiten, dann sehen alle in jeder Hinsicht so aus wie ich. Und warum sehen sie so aus? Weil Leute wie ich es waren, die in den 1980er Jahren mit Computern herumgespielt haben. Die demografischen Probleme von heute sind die Nachkommen anderer demografischer Probleme in den 1980er Jahren.

Make: Und das scheint sich zu ändern?

Upton: Wenn man sich die Leute hier unten anschaut, dann sieht man, dass es in 20 oder 30 Jahren sehr wahrscheinlich ist, dass unsere Ingenieursindustrie der Gesellschaft viel ähnlicher sein wird als es heute der Fall ist. Nichts gegen Leute, die aussehen wie ich, aber es wäre schön, wenn unsere Ingenieurgemeinschaft die Gesellschaft widerspiegeln würde. Man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei um einen ständigen Prozess handelt. Es ist sehr leicht, zurückzufallen und wir müssen diesen Druck ständig aufrechterhalten, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt. Es gibt eine Menge positiver Dinge, die man tun kann.

In unserem Club-Netzwerk bemühen wir uns zum Beispiel sehr darum, dass es Mentorinnen gibt, und wir arbeiten verstärkt daran, dass Schulen in wirtschaftlich benachteiligten Gegenden Clubs haben. Eines der Dinge, auf die wir bei unserem Code-Club-Netzwerk besonders stolz sind, ist die Tatsache, dass fast 50 % der Teilnehmer, d. h. der 9- bis 13-Jährigen, Mädchen sind. Ob sie eine benachteiligte Schule sind, lässt sich im Vereinigten Königreich gut daran ablesen, wie hoch der Anteil der Kinder ist, die subventionierte Schulspeisen erhalten. Betrachtet man auf dieser Grundlage eine benachteiligte Schule und eine begünstigte Schule, so hat die benachteiligte Schule aber mit größerer Wahrscheinlichkeit einen Club als die begünstigte Schule. Das sind alles großartige Trends. Ich glaube auch nicht, dass es nur ein Thema im Vereinigten Königreich ist. Und wenn man sich hier unten umschaut, dann ist das, was man sieht, so etwas wie das erste Ergebnis vieler vereinzelter Bemühungen, die Gesellschaft ein wenig stärker in dieser Gemeinschaft abzubilden.

Make: Vielen Dank für das interessante Gespräch und dass Sie sich die Zeit genommen haben.

Upton: Nun, danke, dass wir hierher kommen und Sie treffen durften. Es ist, wie gesagt, meine erste Maker Faire seit vielleicht sechs oder sieben Jahren. Und ich werde mich auf jeden Fall an sie erinnern. —akf

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