BYD Seal U im Fahrbericht: Chinesisches E-SUV mit gemächlichem Ladetempo

Mit dem Seal U kommt ein E-SUV mit Frontantrieb auf den europäischen Markt. An einem Punkt muss BYD nachbessern, wie ein erster Fahreindruck zeigt.

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BYD Seal U

(Bild: BYD)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll

Chinesische Autohersteller drängen auf den europäischen Automarkt und haben vor allem die jene Segmente im Visier, die perspektivisch hohe Stückzahlen versprechen. Dazu zählen batterieelektrische SUVs. Für eine erste kurze Ausfahrt stand uns der BYD Seal U zur Verfügung.

Das Tesla Model Y ist das derzeit meistverkaufte Auto der Welt. Der BYD Seal U zielt auf die gleiche Kundengruppe. Mit 4,78 m ist er rund 20 cm länger als ein VW ID.4. Im Innenraum bietet er nochmals etwas geringfügig Platz, selbst vier Erwachsene kommen hier komfortabel unter. Der Kofferraum ist mit 570 Litern durchaus geräumig, allerdings nicht viel größer als im VW und erheblich kleiner als im Model Y. In der teuren "Design"-Ausstattung ist reichlich Leder vernäht, die Verarbeitung ist ordentlich. Der Seal U braucht in dieser Hinsicht keinen Vergleich zu scheuen. Nichts fühlt sich billig an, was mehr als nur ein Warnschuss in Richtung europäischer Hersteller ist.

Auch funktional gibt es kaum etwas zu kritisieren. Es gibt genügend Ablagen und gleich zwei induktive Ladeschalen. Der 15,6-Zoll-Bildschirm lässt sich um 90 Grad drehen. Wichtiger erscheint, dass die Bedienung weitgehend selbsterklärend ist. Die Zahl der Tasten auf dem Lenkrad ist auf ein sinnvolles Maß beschränkt, Touchflächen erspart BYD dem Fahrer. Das riesige Glasdach lässt sich öffnen, auch das ist nicht mehr selbstverständlich. Das ganze Interieur ist unaufgeregt gestaltet und dürfte damit besser altern als allzu modische Entwürfe.

BYD Seal U Innenraum (7 Bilder)

Das Armaturenbrett ist schnörkellos gestaltet - und größtenteils funktional. Der große Bildschirm in der Mitte ...
(Bild: press-inform)

Unterwegs fällt auf, dass sich BYD bei der Abstimmung des Fahrwerks ziemlich eindeutig auf Komfort festgelegt hat. Wer in diesem Segment tatsächlich einen Dynamiker sucht, ist hier komplett falsch. Der Seal U neigt früh zum Untersteuern, in schnell angegangenen Kurven neigt sich die Karosserie mehr, als man es beispielsweise von einem BMW X3 kennt. Das ESP greift harsch durch, wenn der Seal-U-Fahrer es übertreibt. Dafür werden Unebenheiten weitreichend gefiltert. Das E-SUV ist leise und komfortabel, was gut zu dieser Fahrzeuggattung passt. Zu all dem passt auch die Abstimmung der Lenkung, die nur wenig Rückmeldung liefert.

Zu dieser Auslegung passt der Eco-Modus am besten. Das E-SUV mag damit etwas zahmer unterwegs sein, doch im Grunde fehlt nichts. Maximal 160 kW stehen bereit, um die mehr als zwei Tonnen schwere Fuhre in Bewegung zu setzen. Außerordentlich dynamisch erfolgt das nicht, was schon die Werksangaben verdeutlichen. Im Standardsprint nennt BYD 9,6 Sekunden, Schluss ist bei 175 km/h. Es reicht, höhere Ansprüche werden nicht befriedigt.

BYD Seal U außen (4 Bilder)

BYD stößt keine Design-Revolution an. Der Seal U ist massenkompatibel geformt.
(Bild: BYD)

Die BYD-Techniker setzen natürlich auf die hauseigene Blade-Batterie, die Vorteile beim Packaging bietet. Zwei Batterien soll es geben, die je nach Ausstattungslinie 71,8 oder 87 kWh haben. Im Zyklus wird eine Reichweite zwischen 420 und 500 km versprochen. In der Praxis dürften beim Mitschwimmen auf der Autobahn in Verbindung mit der großen Batterie 350 bis 400 km realistisch sein. Für einen belastbaren Verbrauchswert war diese erste Ausfahrt viel zu kurz. Was sich jetzt schon festhalten lässt, ist eine enttäuschende Ladeleistung. Die kleine Batterie verkraftet in der Spitze 115 kW, bei der großen sind es maximal 140 kW. Von 30(!) auf 80 Prozent gibt BYD eine Ladezeit von 28 bis 29 Minuten an – unter optimalen Bedingungen. Mit dem, was Tesla und der Hyundai-Konzern in dieser Hinsicht auffahren, kann BYD nicht einmal ansatzweise mithalten. Immerhin: Eine Wärmepumpe ist serienmäßig dabei. Die Vehicle-to-Load-Funktion (V2L) ist beispielsweise beim Picknick im Grünen praktisch. Mit ihr kann die Traktionsbatterie etwa für den Elektrogrill angezapft werden.

BYD nennt noch keinen Preis für den Seal U. Das Basismodell dürfte für rund 45.000 Euro zu haben sein, die Version mit großer Batterie und umfangreicherer Serienausstattung liegt schätzungsweise rund 10.000 Euro darüber. Der Verkauf in Deutschland soll Ende des Jahres starten. Dann wird sich zeigen, wie gravierend der einzige große Kritikpunkt, das vergleichsweise gemächliche Laden, für die Kundschaft ist.

(mfz)