"Overwatch 2" angespielt: Mehr Geschäftsmodell als Spiel​

Kaum Neues, aber viel Gelegenheit zum Geldausgeben: "Overwatch 2" von Blizzard ist ein Free2Play-Shooter, wie er im Buche steht.​

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(Bild: Blizzard)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Das ist schon ein bisschen frech: Was andere Publisher vielleicht als großes Update veröffentlicht hätten, betitelt Blizzard marktschreierisch als Fortsetzung. Ein paar neue Karten, ein paar neue Helden und Detailverbesserungen – die Änderungen von "Overwatch 2" im Vergleich zum Vorgänger werden vor allem alten Fans auffallen. Der wesentliche Unterschied ist der Wechsel des Geschäftsmodells: Weg vom Vollpreistitel, hin zu Free2Play und statt Lootboxen gibt es jetzt einen Battlepass. Dazu gab es in den ersten Tagen DDoS-Attacken, Bugs und andere Serverprobleme.

"Overwatch 2" ersetzt den ersten Teil, der nicht mehr gespielt werden kann. Errungenschaften aus dem Vorgänger werden komplett übernommen. Am Spielprinzip und an der bunten Comic-Grafik hat sich nichts geändert. Statt zu sechst treten jetzt zwei Fünfer-Teams in kleinen Arenen gegeneinander an. In den rasanten und kurzen Gefechten müssen die Teams Stützpunkte einnehmen, Flaggen stehlen oder Roboter eskortieren. Das Besondere sind die rund 30 "Helden". Ähnlich wie in einem Rollenspiel sind sie in die Klassen Tank, Heiler und Damage Dealer aufgeteilt. In der richtigen Kombination der einzelnen Fähigkeiten ergeben sich zahlreiche taktische und strategische Möglichkeiten.

Die Gefechte werden im Ranglistenmodus oder in freien Partien ohne Ranking ausgetragen. Dazu gibt es noch einen Arcade-Modus, der ständig unter sechs Spielmodi wechselt und ein benutzerdefiniertes Spiel, in dem sich die Fans ihre Spielziele selbst bestimmen können. Der einzige neue Spielmodus ist "Schub": Hier müssen die Teams einen Roboter eskortieren, der eine Barriere vor sich hinschiebt. Wer am weitesten kommt, gewinnt. Daneben gibt es Deathmatches, auch mit kleineren Teams. "Overwatch 2" unterstützt Crossplay und ein neues Ping-System, um die Kommunikation ohne Audio-Chat zu vereinfachen.

"Overwatch 2" angespielt (5 Bilder)

Hektisch und bewährt: In "Overwatch 2" hat sich am erfolgreichen Spielprinzip nichts geändert (Bild: heise online)

Es gibt sechs neue Karten und drei neue Heldinnen: Kiriko ist eine Heilerin, die ihre Freunde mit Karten heilt und Wurfsterne auf Gegner feuert. Sojourn ist eine klassische, agile Schadensausteilerin mit einer Energiewaffe. An vorderster Front zerlegt die Junker Queen mit ihrer Shotgun die Gegner. Wie gehabt gibt es für jede dieser Heldinnen eine Backstory mit schickem Comic-Trailer. Alte und neue Spielfiguren haben jetzt passive Fähigkeiten, wie etwa Selbstheilung oder einen Kill-Bonus, der den Schaden erhöht. Andere haben neue Fähigkeiten.

Alle Änderungen sind Anpassungen, die im Lebenszyklus eines kompetitiven Multiplayer-Shooters normal sein sollten. Alte Fans müssen sich bei einigen Spielfiguren umgewöhnen, aber am Spielprinzip und am Ablauf der Partien ändert sich nach dem Eindruck unserer Anspielstunden kaum etwas. Was bleibt, sind temporeiche und schnelle Gefechte, bei denen dank der unterschiedlichen Fähigkeiten eine Vielzahl von Spielertypen angesprochen werden.

Die wesentlichste Änderung betrifft das Geschäftsmodell: "Overwatch 2" ist nun keine Vollpreistitel mehr, sondern komplett kostenlos. Jedes neue Kostüm und jedes neue Emote ist rein kosmetisch und hat keine Auswirkung auf das Spiel. Die Lootboxen aus dem ersten Teil sind Geschichte. Das verdient Lob. Stattdessen setzt Blizzard auf einen Battlepass für jede dreimonatige Spielsaison. Mit jedem Spiel verdienen die Fans Erfahrungspunkte, die sie im Rang aufsteigen lassen. Dadurch gewinnen sie neue Skins, Emotes oder Talismänner.

Erst durch den Battlepass werden neue Helden oder Heldinnen freigeschaltet. Wer beispielsweise zum Start keinen Premium-Battlepass für 10 Euro gekauft hat, muss erst bis Level 55 warten, um eine neue Heldin wie Kiriko freizuschalten. Wer sich Skins außerhalb des Battlepass kaufen will, bezahlt in sogenannten "Overwatch-Münzen". Die gibt es gegen Echtgeld von knapp 5 – 100 Euro im Shop. Theoretisch können sich Spieler und Spielerinnen die Währung auch verdienen. Bei maximal 60 Münzen pro Woche dauert es aber mehrere Monate, bis sie sich einen legendären Skin für 1900 Münzen leisten können.

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Neulinge müssen sich am Anfang mit weniger Helden oder Heldinnen zufriedengeben. Blizzard möchte die Fans nicht gleich überfordern. Deshalb werden auch hier die Helden erst nach und nach freigeschaltet. Ob das alles so bleibt, muss abgewartet werden. Offiziell ist "Overwatch 2" noch im Early-Access. In den nächsten Monaten dürfte es noch einige weitere Anpassungen an Balancing und Spielinhalten geben. So ist beispielsweise schon seit dem ersten Teil eine Story-Kampagne versprochen, die irgendwann erscheinen soll.

Technisch hat es anfangs etwas gerumpelt. Mittlerweile haben wir keine Probleme in die Matches reinzukommen und Bugs werden relativ schnell behoben. Perfekt ist das nicht, aber bei einem großen Spielelaunch heutzutage normal.

"Overwatch 2" ist wie ein überholter Sportwagen, der ganz schön Gas geben muss, um mit der Konkurrenz von "Valorant" mitzuhalten. Die "2" im Namen ist reines Marketing – ein Update hätte es auch getan. Dazu sollte Blizzard nochmal das Konzept des Battlepass neu überdenken. Trotz des Free2Play-Versprechens haben die Fans mehr vom Spiel, die sich regelmäßig gegen ein paar Euro neue Helden oder Heldinnen dazukaufen. Es bleibt die Gefahr, dass dann die Spielbalance verschoben wird und am Ende doch wieder diejenigen einen Vorteil haben, die zum Geldausgeben bereit sind.

Geblieben ist das bewährte Spielkonzept mit schnellen und spektakulären Kämpfen. Wer schon den ersten Teil gemocht hat, wird sich sofort wohlfühlen. Alle, denen das Geballer aber schon im ersten Anlauf zu hektisch war, werden auch hier mit der Nase rümpfen.

"Overwatch 2" ist im Early-Access für Windows, PS4/5, Xbox One/Series und Nintendo Switch erschienen. Es ist komplett kostenlos. USK nicht geprüft. Für unsere Anspielstunden haben wir ein paar Stunden die Windows-Version gespielt.

(dahe)