Triumph Speed 400 – das neue Einstiegsmodell im Fahrbericht

Die neue Einzylinder-Einstiegs-Triumph wirkt wie die Speed Twin 900, fährt aber handlicher: Gigantischer Spaß zu einem unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis.

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(Bild: Ingo Gach)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Triumph weitet sein Modern-Classics-Programm auf die Einsteigerklasse aus. Ihr zur Seite steht die Scrambler 400 X, die etwas mehr Federwege und Sitzhöhe, einen längeren Radstand sowie ein 19-Zoll-Vorderrad und einige geänderte Details bietet. Wir haben uns bei dem Test für die Speed 400 entschieden, weil sie die günstigste Triumph ist und wir wissen wollten, was man für 5345 Euro bekommt. Die Speed 400 weiß in unserem Test auf Anhieb zu glänzen. Sie dürfte das meistverkaufte Modell der Engländer werden und die Produktionszahlen in ungeahnte Höhen schrauben.

Ich muss schon genauer hingucken, um die neue Speed 400 von der bekannten, größeren Speed Twin 900 zu unterscheiden. Am ehesten ist die 400er daran zu erkennen, dass sie als Einzylinder nur einen Krümmer besitzt und ein einzelnes, statt doppelter Feder-Dämpferbeine. Die Speed 400 kommt zeitlos elegant daher, mit einem rundlichen Tank, kurzem Heck, Rundscheinwerfer, einteiliger Sitzbank und knappen Vorderradschutzblech. Auf Drahtspeichenräder verzichtete Triumph leider aus Kostengründen zugunsten von leichteren Gussfelgen. Auch wenn die golden eloxierte Upside-down-Gabel der Speed 400 ausgezeichnet steht, wäre eine klassische Telegabel mit Faltenbälgen einigen Retro-Fans sicher lieber gewesen.

Triumph Speed 400 (7 Bilder)

Die golden eloxierte Big-Piston-Gabel schindet Eindruck. Rundum wird die Speed 400 von LEDs illuminiert.
(Bild: Ingo Gach)

Wie das gesamte Bike ist auch der Motor eine komplette Neukonstruktion. Der 398 cm3 große Einzylinder leistet 40 PS bei 8000/min und 37 Nm Drehmoment bei 6500/min. Obwohl der Zylinder ein paar Kühlrippen zeigt, ist er doch flüssigkeitsgekühlt, wie der Kühler vor dem Brustrohr des Rahmens beweist. Im Zylinderkopf rotieren zwei Nockenwellen, die über DLC-beschichtete Schlepphebel vier Ventile betätigen. Die Kraftstoffeinspritzung stammt von Bosch und die Drosselklappen werden elektronisch gesteuert. Ein dicker Auspuffkrümmer schlingt sich um den pulverbeschichteten Motorblock und endet in einem konventionellen, aber durchaus schicken Auspufftopf. Der Motor steckt in einem Stahlrohrrahmen mit angeschraubtem Heckrahmen, das Hinterrad wird von einer Aluminiumschwinge geführt. Die Verarbeitungsqualität erweist sich als durchweg gut, was in der Preisklasse keine Selbstverständlichkeit ist.

Es hockt sich ausgesprochen bequem in der breiten Sitzmulde. Mit einer Sitzhöhe von 790 mm macht es die Speed 400 auch Kurzgewachsenen einfach, mit beiden Füßen den Boden zu erreichen. Auch hier stoße ich auf liebevolle Details: Der Bezug ist mit weißen Nähten versehen und das Soziusabteil verfügt über Querrillen. Der spitze Kniewinkel könnte Menschen über 1,85 m allerdings auf Dauer Probleme bereiten, sie werden sich auf der Scrambler[ ]400[ ]X mit 835 mm Sitzhöhe wohler fühlen. Mein Blick fällt auf das Cockpit, das sich ein großer, analoger Tacho mit einem kleinem LC-Display teilt. Die gefahrene Geschwindigkeit lässt sich sofort erfassen, während die winzig dargestellte Drehzahl bestenfalls geschätzt werden kann, auch bei der Tankanzeige muss schon genau hingeschaut werden. Hingegen sind die Ganganzeige und gefahrene Kilometerzahl groß genug dargestellt.

Der breite Lenker flößt vertrauen ein und ist von der Höhe bestens positioniert. Die modischen Lenkerenden-Spiegel verschaffen zwar eine erstaunlich gute Sicht nach hinten, vibrieren allerdings bei hohen Drehzahlen, wie ich später feststellen muss. Ein kurzer Druck auf den Startknopf und der Einzylinder böllert vor sich hin. Triumph hat exakt die richtige Note getroffen: Sonor, aber nicht zu aufdringlich. Los geht’s, die Kupplung lässt sich ohne Kraftaufwand ziehen und der erste Gang rastet butterweich ein. Wer jetzt einen verhaltenen Antritt des 400er-Einzylinder erwartet, sieht sich angenehm enttäuscht. Der Motor legt sich schon knapp über Standgas beachtlich ins Zeug und zieht gefühlt linear durch.

Der Einzylinder verfügt über erstaunlich gute Manieren – eben very british – und fährt im sechsten Gang bei Tempo 50 in der City ohne durch Schütteln Protest einzulegen. Er kann aber auch auf der Landstraße eine beachtliche Dynamik entwickeln. Es macht ihm keine Mühe, die 8000 Touren zu erreichen, was er wohl auch einer kurzhubigen Auslegung von 65 mm bei einer Bohrung von 89 mm verdankt.

Das Getriebe erweist sich als gut abgestuft. Das Geheimnis der Speed 400 liegt aber in ihrer Handlichkeit. Sie bringt mit vollem 13-Liter-Tank 170 kg auf die Waage. In Verbindung mit ihrem kurzen Radstand von 1377 mm und einem steilen Lenkkopfwinkel von 65,4 Grad entpuppt sich die Triumph als echtes Spaßgerät. Selten habe ich enge Kurven so flott durcheilt wie auf der Speed 400, da kommt schon ein bisschen Supermoto-Feeling auf.

Das Fahrwerk ist den Entwicklern ausgesprochen gut gelungen. Die mit ansehnlichen 43 mm Durchmesser gesegnete Big-Piston-Gabel ist zwar nicht einstellbar, erweist sich aber als sehr ausgewogen abgestimmt. Die vom indischen Hersteller "Endurance" gebaute Gabel bietet auf 140 mm Arbeitsweg genügend Reserven, um Schlaglöcher zu filtern, ist aber straff genug, um ordentlich Gas geben zu können. Auch das direkt angelenkte Federbein mit 130 mm Federweg derselben Marke arbeitet ordentlich. Es ist zwar nur in der Federvorspannung verstellbar, bietet aber zumindest im Solobetrieb keinen Anlass zur Klage. Die aufgezogenen Pirelli-Reifen Diablo Rosso III – vorne in 110/70-17 und hinten in 150/60-17 – bauen ausgezeichneten Grip auf und harmonieren bestens mit der Speed 400. Sie lässt sich spielerisch abwinkeln, trifft exakt die anvisierte Linie und folgt willig jeder Kurskorrektur in Schräglage. Beim Runterschalten kommt die drehmomentunterstützte Kupplung zum Einsatz und besänftigt Schläge im Antriebsstrang.

Auch die Verzögerung lässt kaum Wünsche offen. Die von Brembos indischem Tochterunternehmen Bybre stammende, radiale Vierkolben-Bremszange beißt kräftig in die 300 mm große Bremsscheibe. Der Druckpunkt lässt sich gut ertasten und die Speed 400 punktgenau verzögern. Hinten unterstützt eine Schwimmsattelbremse mit einer 230-mm-Bremsscheibe.

Triumph Speed 400 (8 Bilder)

Triumph Speed 400: elegant und auf Anhieb überzeugend in ihrer Performance.
(Bild: Ingo Gach)

Die Speed 400 verfügt sogar über eine abschaltbare Schlupfregelung, auch wenn die in Anbetracht der doch eher überschaubaren Leistung wohl nicht zwingend nötig wäre, aber es beweist, wie hochwertig die kleine Triumph ausgestattet ist. So verfügt sie außerdem über eine Wegfahrsperre und ein personalisierter Sicherheitschip im Zündschlüssel sorgt dafür, dass nur der Besitzer den Motor starten kann. Alle Leuchteinheiten am Bike werden von LEDs illuminiert. Eine USB-C-Ladebuchse ermöglicht das Aufladen eines Handys oder den Anschluss eines Navi-Systems.

Beim Landstraßeneinsatz schlägt sich die Speed 400 exzellent, kaum zu glauben, was mit 40 PS alles geht. Auf der Autobahn rennt sie mit geducktem Fahrer 155 km/h, ein mehr als beachtlicher Wert für einen 400er-Einzylinder. Gleichzeitig erweist sie sich als genügsam mit 3,5 Liter Sprit auf 100 km. Damit ermöglicht sie eine theoretische Reichweite von 371 km. Wer will, kann die Speed 400 mit diversem Zubehör optimieren und verschönern, wie z. B. mit einem kleinen Windschild, Komfortsitz, Gepäckbrücke, Kühlerschutz, Ölwannenschutz und Bullet-Blinkern. Für die Speed 400 stehen drei verschiedene Mehrfarben-Lackierungen ohne Aufpreis zur Wahl. Unser Testmotorrad von Triumph Bonn hatte die Farbgebung Carnival-Red/Storm-Grey, der Tank wird von einem großen Triumph-Triangle-Logo geziert. Alternativ ist die Speed 400 noch in Caspian-Blue/Storm-Grey und Phantom-Black/Storm-Grey erhältlich.

Die Speed 400 gibt es für 5345 Euro Listenpreis, die Scrambler 400 X kostet 6045 Euro. Eine echte Kampfansage an die Konkurrenz. Die beliebte KTM 390 Duke startet erst bei 6299 Euro. Dabei werden sowohl die 400er-Triumphs als auch die 390er-KTM im selben Werk des indischen Herstellers Bajaj gebaut.

Sonst haben sie aber nichts miteinander zu tun. Die beiden europäischen Marken haben mit dem viertgrößten Motorradhersteller der Welt – Bajaj hat letztes Jahr 3,6 Millionen Krafträder verkauft – ein Joint Venture geschlossen, nur so lässt sich der günstige Preis ermöglichen. Zukünftig sollen dort pro Monat 10.000 Triumphs entstehen. Durch die 400er dürfte sich in absehbarer Zeit die globale Triumph-Produktion mehr als verdoppeln.

In Indien, dem größten Motorradmarkt der Welt, sind die Speed 400 und die Scrambler 400 X jetzt schon heißbegehrt und auch bei unseren Händlern finden sie bereits reißenden Absatz. Wer eine von den 1000 für den deutschen Markt georderten 400er haben will, sollte nicht zu lange warten. Die Speed 400 und Scrambler 400 X sollen Triumph neue Käufergruppen erschließen, vor allem junge Fahranfänger, aber auch Wiedereinsteiger, die ein leichtes Motorrad suchen.

Die englische Marke will gezielt Biker von anderen Herstellern weglocken. Bei dem günstigen Preis und der beachtlichen Performance der Speed 400 halten wir das für realistisch. Die einzige Kritik, die sich Triumph gefallen lassen muss, ist, warum sie nicht schon viel früher die 400er auf den Markt gebracht haben.

Hersteller Triumph
Modell Speed 400
Motor und Antrieb
Motorart Otto
Zylinder 1
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 398
Leistung in kW (PS) 29 (40)
bei U/min 8000
Drehmoment in Nm 37
bei U/min 6500
Antrieb Kette
Getriebe Sequenzielles Schaltgetriebe
Gänge 6
Fahrwerk
Rahmen Stahlrohr
Radaufhängung vorn Upside-down-Gabel, 43 mm
Radaufhängung hinten Leichtmetall-Zweiarmschwinge, Feder-Dämpfer-Bein
Reifengröße vorn 110/70-17
Reifengröße hinten 150/60-17
Bremsen vorn Doppelscheibe, 300 mm, Zweikolben-Festsättel
Bremsen hinten Einzelscheibe, 230 mm, Einkolben-Schwimmsattel
Lenkkopfwinkel in Grad 65,4
Nachlauf in mm 102
Federweg in mm v/h 140/130
Maße und Gewichte
Radstand in mm 1377
Gewicht vollgetankt in kg 170
Tankinhalt in Litern 13
Sitzhöhe in mm 790

(fpi)