45 Jahre Citroën Méhari

Sauerstoffzelt

Als man am 16. Mai 1968 den Citroën Méhari vorstellte, hatten sich die Arbeiter gerade den revoltierenden Studenten angeschlossen. Gesiegt hat am Ende aber das Establishment und so prägte er bald die Flaniermeilen mondäner südfranzösischer Mittelmeerorte

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Von
  • Florian Pillau
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Köln, 15. Mai 2013 – Entschuldigen Sie bitte die folgende, reichlich abgedroschene Revolutions-Analogie aus der Citroën-Werbung der 80er, aber hier scheint sie mal berechtigt: Als man am 16. Mai 1968 den radikalen Méhari vorstellte, hatten sich die Arbeiter gerade den revoltierenden Studenten angeschlossen. Am Tag darauf legten 200.000 Arbeiter fast der gesamten französischen Metall- und Chemie-Industrie die Arbeit nieder, am folgenden Wochenende beteiligten sich etwa zwei Millionen Menschen an Streiks und Fabrikbesetzungen, dem ersten „wilden Generalstreik“ in der Geschichte Frankreichs. Ein Flächenbrand, der bald ausgetreten wurde.

Hätte die Revolution gesiegt ...

Der Méhari war ausgerechnet ein Produkt der bestreikten Metall- und Chemieindustrie, denn auf das Chassis des 2CV hatte man eine Karosserie aus durchgefärbtem ABS gesetzt, übrigens ein Vorschlag eines Kunststoff-Industriellen. Damit verlieh Citroën seinem damals vermeintlich schon auslaufenden Konzept des TPV ("tout petite voiture", seit 1937 der Projektname des späteren 2CV) einen ganz neuen Esprit, bestehend aus nonchalanter Leichtigkeit und weiter gesteigertem Nutzwert. Hätte die Revolution obsiegt, hätte der prestigefreie, billige und zweckmäßige Méhari leicht das Arbeiter- und Bauernauto einer neuen Republik werden können. Gesiegt hat aber nun mal das Establishment und so beherrschte der kleine Strandläufer bald die Golfplätze, Flaniermeilen und Yachtclubs mondäner südfranzösischer Mittelmeerorte. Aus ebenso verständlichen, aber völlig anderen Gründen:

Das Verdeck war ein großes, luftiges Zelt, das bis zur niedrigen Gürtellinie der Karosserie abgenommen werden konnte. Noch mehr Freizügigkeit bot das Autochen, wenn die Türen ausgehängt und die Windschutzscheibe flach auf die Motorhaube geklappt waren. Wurde der Méhari einmal dreckig, konnte selbst der Innenraum einfach mit dem Gartenschlauch gereinigt werden. Im Grunde hatte man derlei Details bei Geländewagen und Motoryachten abgeschaut und ein bisschen weiterentwickelt.

Angeblich brennbar

Ob als Transporter in der Landwirtschaft, als Strandmobil, Polizeiauto oder als Fortbewegungsmittel für den Star-Komiker Louis de Funès in seinen Filmen, fast jeder hat schon mal irgendwo einen Méhari gesehen. Im Zeitraum zwischen 1968 und 1987 wurden knapp 145.000 der Plastik-Schüsseln gebaut. Nach Deutschland haben es nur einige wenige Exemplare mittels Einzelabnahme geschafft, weil man seinerzeit keine Homologation für Deutschland gemacht hatte.