Warum einen 108 statt eines baugleichen Citroën C1 oder Toyota Aygo?

Adoptivdrilling #3

Peugeot Deutschland sagt, der 108 habe aus dem Trio Citroën C1, Toyota Aygo und ihm das beste Gesamtpaket und sei der schönste. Allerdings sind sein guter Komfort und der niedrige Verbrauch überzeugendere Argumente als die halbherzigen Individualisierungen

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Der Peugeot 108 ist der logische Nachfolger des 107. 15 Bilder
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Von
  • Marcel Sommer
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Stuttgart, 26. Juni 2014 – PSA geht es nicht gut. Verkäufe müssen her: „Mir ist egal, ob jemand den Citroën C1 oder den Peugeot 108 kauft, Hauptsache er wird gekauft“, erklärt PSA-Chef Carlos Tavarez am Rande der 108-Präsentation. Der Vorgänger 107 verkaufte sich immerhin rund 850.000 Mal seit 2005, mit leichtem Frauenüberhang in der Kundschaft (60 Prozent) und auch sonst wenigen Überraschungen in der Zielgruppe. Die war: kinderlose Paare auf der Suche nach einem Zweitwagen, der dem Wert eines Viertel-Jahreseinkommens entspricht. Dieselbe demographische Gruppe soll jetzt den Nachfolger 108 kaufen.

Mit seinem Einstiegspreis von 8890 Euro für die Dreitürer-Version, den er sich bis auf den Cent genau mit dem Citroen C1 teilt, liegt er 1100 Euro unter dem des Toyota Aygo. Der Unterschied liegt in einer fehlenden Servolenkung und den ebenso fehlenden Kopfstützen im Fond in der Basisversion. Gleich ist hingegen das Marktstart-Datum: Alle drei rollen ab dem 19. Juli auf die Straße. Wer den Peugeot 108 als Fünftürer haben will, der muss mindestens 11.550 Euro für die Active-Variante ausgeben.

Aber warum?

Die große Frage ist natürlich, warum soll jemand ausgerechnet einen Peugeot 108 kaufen? „Weil er der Schönere ist und wir das beste Gesamtpaket haben. Wir bieten neben acht Außenfarben zusätzlich sieben Designthemen und drei Farbwelten an“, sagt Peugeot-Deutschland-Chef Marcel de Rycker. Wer einen Blick auf den an einen billigen Supermarkt-Kinder-Sticker erinnernden Armaturenbrett-Aufkleber des Tattoo-Designs geworfen hat, beginnt jedoch stark an dessen Überzeugungskraft zu zweifeln. Eine weitere Variante mit dem alles sagenden Namen Barcode hätte das Potenzial zum Insider-Tipp, doch der nichtssagende Strichcode lässt sich leider nicht personalisieren.

Was der 108 in puncto Designthemen verliert, holt er durch einen hohen Alltagsnutzen wieder heraus. Denn der kleine Franzose bietet auch in seiner schwächsten Motorversion das, was bei der Konzeption eines ausgereiften Stadtautos ganz oben stehen sollte: Funktionalität auf kleinstem Raum. Ob im fließenden oder stehenden Verkehr, auf der Landstraße oder der Autobahn, der Peugeot 108 fällt weder negativ noch besonders positiv auf. Mit ihm lässt es sich perfekt in der Masse mitschwimmen. Wer es hell und warm auf dem Kopf mag, der kann per Knopfdruck das große optionale Sonnendach auffahren.

Den Antrieb erledigt ein 1,0 Liter großer Dreizylinder-Benziner mit 51 kW / 69 PS Nennleistung und 96 Nm maximalem Drehmoment. Das Getriebe hat fünf Gänge und eine Handschaltung. Stufung und Endübersetzung des Getriebes passen schlecht zum Stadtbetrieb. Wer bisher gewohnt war, im Stadtverkehr auch mal im dritten Gang einen flotten Spurwechsel zu vollführen, der hat beim neuen 108 schlichtweg Pech. Der zweite Gang ist so lang übersetzt, dass es in ihm locker, aber laut, bis Tempo 100 geht. Wer also in den dritten oder sogar vierten Gang in der Stadt schaltet, braucht viel Weitsicht im Verkehr. Lange Übersetzungen sind ja super für den Verbrauch, aber im Einsatzgebiet Stadt nervt diese Konfiguration mehr als sie nützt.

Der fünfte Gang ist dann noch einmal extralang, fast ein Overdrive. Wer sich auf der Autobahn einem leichten Anstieg entgegensieht, muss herunterschalten. Das alles regelt natürlich nicht nur die Dynamik herunter, sondern wirkt auch: Wer sich an die Schaltpunktanzeige hält, langsam und rund fährt und wenig überholt, kann den NEFZ-Verbrauch von 3,8 Liter auf 100 Kilometern durchaus im Alltag erreichen. Die Höchstgeschwindigkeit von 160 Kilometern pro Stunde erinnert an längst vergangene Zeiten der zwei Urzeitklone Fiat Panda und Seat Marbella.

Smartphone-Technik von gestern

Doch das macht gar nichts, denn auch diese beiden automobilen Dinosaurier haben funktioniert. Und das, obwohl sie zu ihrer smartphonelosen Bauzeit nicht über Technik wie „Mirror Screen“ verfügten. Die sorgt dafür, dass der Bildschirm von sowohl Android- als auch IOS-Geräten per USB-Kabel auf dem sieben Zoll großen Touchscreen auf der Mittelkonsole wiedergegeben werden. Dass bei ersten Praxistests etablierte Modelle wie das Samsung Galaxy S4 oder ein iPhone 4S zu neu für diese Art der Gerätepaarung sind, wirft allerdings kein gutes Licht auf das Ganze. Und auch die Tatsache, dass die Stromstärke des USB-Anschlusses lediglich dafür ausreicht, den Akkustand des Smartphones zu erhalten, nicht aber zu erhöhen, weckt kein Vertrauen in die Implementation.

Sehr gut funktioniert das Fahrwerk des Franzosen. Wie normalerweise aus der Mittelklasse gewohnt, bietet der 860 Kilogramm schwere Wagen einen ungewohnt hohen Fahrkomfort. Gleiches gilt für seine Lenkung und die Sitze. Wobei letztere sich zwar unglaublich weit nach hinten fahren lassen, jedoch über keinerlei Seitenhalt verfügen. Auch das rechte Schienbein des Fahrers setzt hart an der Mittelkonsole auf, die sich dann gen Knochen bohrt.

An Kofferraumvolumen bietet der Peugeot bis zu 780 Liter, wenn die im Verhältnis eins zu eins geteilte Rückbank umgeklappt wird. Aufrecht passen 196 Liter hinein.