Test: Audi e-tron 55 quattro

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Wer das nicht weiß oder sich nicht für Autos interessiert, wird das kaum oder nicht bemerken, was das Beste ist, was sich über Fahrassistenzsysteme gesagt werden kann. Der adaptive Tempomat, die Geschwindigkeitsübernahme, die sanfte Spurführung oder das kapazitive Lenkrad, welches nur angefasst und nicht bewegt werden muss, um zu erkennen, dass der Fahrer „im Loop“ (=aufmerksam) ist, all das erhöht den Komfort bei gesteigerter Sicherheit.

Kaum nachlassende DC-Ladeleistung

Zur Reichweite: Die Bruttokapazität der Batterie liegt bei 95 kWh. Tatsächlich verfügbar sind davon 83,6 kWh, woraus bei einem Durchschnittsverbrauch von 25,4 kWh auf 100 km eine Aktionsdistanz von 329 km resultiert. Bei Richtgeschwindigkeit hat der Bordcomputer 27,8 kWh angezeigt, daraus ergeben sich 301 km. Der Maximalwert von 34,3 kWh war das Ergebnis eines auf 180 km/h eingestellten Geschwindigkeitsreglers – und der Wert wäre fraglos höher gewesen, wenn nicht dichter Urlaubsverkehr den e-tron behindert hätte. Der Minimalverbrauch betrug 17,4 kWh auf einer Überlandstrecke, womit rechnerisch 480 km drin gewesen wären.

Mindestens so wichtig wie die Reichweite ist die Fähigkeit zum Schnellladen mit Gleichstrom (abgekürzt DC für direct current). Der Audi e-tron 55 quattro erreicht hier knapp 150 kW Leistung. Vor einer Autobahntour ist es sinnvoll, in einem Portal wie dem von Goingelectric zu prüfen, wo an der Route entsprechend leistungsstarke Säulen stehen. Faszinierend ist nicht die Spitzenleistung an sich, sondern wie lange diese gehalten werden kann. Der e-tron zieht bis zu einem SOC (für State of Charge, Ladestand der Batterie) von etwa 80 Prozent knapp 150 kW. Auch danach bricht die Ladeleistung nicht etwa ein: Bei SOC 99 Prozent waren es noch über 40 kW. Die Lüfter waren in keinem Fall zu hören; der e-tron war bei den sommerlichen Temperaturen und zügiger Fahrweise folglich noch lange nicht am Ende.

Störungen beim Laden, die dem Audi anzulasten waren, gab es im Testzeitraum nicht. Die Schwäche des e-tron ist die Schwäche der Infrastruktur. Wie es eigentlich sein soll und kann, beweist Tesla mit den Superchargern jeden Tag: Die DC-Ladeparks von Tesla werden im Navigationssystem angezeigt. Europaweit, weltweit. Der Routenplaner schlägt vor, wo man halten und laden könnte, wenn die Energie knapp wird.

Am Supercharger angekommen genügt es, das Kabel in die Buchse zu stecken. Die Identifikation und Freischaltung erfolgt automatisch per Software. Was der Strom kostet, zeigt der zentrale Bildschirm an. Abgerechnet wird in Kilowattstunden über die hinterlegte Kontoverbindung. Fertig. Vorbildlich. Einzig der starke Zuwachs an Autos könnte bald Sorgen bereiten – an manchen Superchargern ist die Nachfrage groß.

Die Schwächen der Nicht-Tesla-Infrastruktur

Die Realität der nicht an Hersteller gebundenen Infrastruktur bringt den Elektroautofahrer auch ans Ziel. Man kommt von A nach B. Es gibt aber zu viele kleine Mängel, die nicht nur die Käufer von Premiumautos verärgern. Ein Auszug: Eine DC-Säule war versteckt auf einem großen Gemeindegelände – Schnitzeljagd für Fortgeschrittene. Die nächste sollte 150 kW liefern, gab aber nur 30 kW her: Vorübergehende Drosselung wegen Softwareupdate. An einem 350 kW-Charger hingen der Testwagen und an der Nachbarsäule ein Hyundai Kona EV (Test) fest: Nach dem Einstöpseln war das Backend abgestürzt. Drei Anrufe und zwei Reboots später floss der Strom. Das ist anstrengend und es verunsichert. Und was der Strom kostet und ob er nach Kilowattstunden oder mit einer Einmalpauschale bezahlt wird, erfährt der Kunde häufig erst, wenn er am Monats- oder Quartalsende die Rechnung erhält.