VW E-Golf im Rückspiegel des ID.3

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Der E-Golf war kein Verkaufserfolg. Schwer zu sagen, woran das lag. Wahrscheinlich an vielem. Es lief kaum irgendwo Werbung für ihn, obwohl es zum E-Up einige Kampagnen für jüngeres Publikum auf Youtube und Co. gab. Es kannte ihn also kaum jemand. Dazu kam, dass nur Experten ihn ERkannten: Er sah bis auf wenige Gestaltungsdetails genauso aus wie die Verbrenner-Varianten des Golf. Wer einen elektrischen Golf vorbeisirren hörte, dachte wahrscheinlich zuerst an einen Prototypen, so selten gab es ihn auf freier Fahrbahn. Während in den sozialen Medien die Elektro-Pioniere auf die deutsche Autoindustrie schimpften, die ihrer Ansicht nach einen Paradigmenwechsel „verschlief“, gab es gleichzeitig deutsche Autos, die niemand überhaupt kannte, geschweige denn kaufte. Es war eine absurde Situation, an der die zweite Generation des E-Golf wenig änderte.

Neufehlstart

Das 2017 erschienene Update des E-Golf (Test) baute die Stärken des ersten E-Golf weiter aus. Dieses Auto zu fahren war (und ist) so, wie von einem Elektro-Experten zur optimalen Fahrweise für einen Elektro-Antrieb gecoacht zu werden. Wer überholt und dann vom Pedal geht, rollt frei ohne Rekuperation dahin, weil das am effizientesten Strecke macht. Wer jedoch auf einen Kreisverkehr zurollt, dem schaltet der E-Golf eine leichte elektrische Bremswirkung auf, genauso wie beim Bergabfahren – aber nur, wenn die erlaubte Geschwindigkeit überschritten wird. Die nun dichter gepackten Lithium-Zellen kamen auf 35,8 kWh brutto (31,5 kWh netto) Kapazität. Das reichte für meistens gut 200 km oder wenigstens 150 km Autobahn. Der E-Golf hätte damit für viele Kunden ein passendes erstes E-Auto sein können. Er wurde es aber auch diesmal nicht.

Gläserne Paläste

Diesmal lag es nicht nur daran, dass vom E-Golf niemand wusste. Die PR-Abteilungen kommunizierten besser, dass es einen elektrischen Golf in der Palette gab. Vielleicht hatte sich auch endlich herumgesprochen, dass der E-Golf ein gutes Auto ist. Auf jeden Fall ging eine etwas erfreulichere Anzahl an Bestellungen ein. Nur leider konnte Volkswagen nicht liefern. Die Gläserne Manufaktur in Dresden fertigte den Wagen. Wo früher Phaetons vom Band liefen, sollte nun der E-Golf zeigen, in welche Richtung sich der Konzern entwickelt. Doch die Gläserne Manufaktur schaffte nur unzureichende Mengen. Die Lieferzeiten stiegen ins Absurde. 2018 sorgte eine zweite Schicht in Dresden für deutlich mehr Auslieferungen. Doch zusammen mit den Wartezeiten ergab sich die Zwickmühle, dass die Händler sagten: „Wenn du sowieso über ein Jahr warten musst, dann warte doch noch etwas länger auf den ID.3.“ Das taten viele.

Jetzt können Kunden den ID.3 bestellen. Der E-Golf gerät damit wieder in Vergessenheit. Genau deswegen geben Händler jedoch häufig erhebliche Rabatte auf den Kaufpreis oder bieten geringe Leasing-Raten an. Am Ende seiner Produktzeit bleibt der E-Golf eines der besten und für Kunden interessantesten Elektroautos. Er kommt nämlich endlich in dem Preisbereich an, in den er gehört. (cgl)