40 Jahre Yamaha RD 350 LC

Mit den wassergekühlten Zweizylinder-Modellen RD 350 und 250 LC verhalf Yamaha dem Zweitakter ab 1980 zu seiner letzten, immerhin zehn Jahre dauernden Blüte.

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Der Renn-Mythos zog, die leichten RDs überzeugten auf der Straße. Plötzlich waren Zweitakter wieder in.

(Bild: Yamaha)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Als die kräftigen japanischen Viertaktmotorräder in den späten 1970er-Jahren dominierten, prophezeiten viele schon das Ende des Zweitaktmotors. Da brachte Yamaha 1980 die flüssigkeitsgekühlte RD 350 LC und die kleinere RD 250 LC auf den Markt. Das Konzept der beiden leichten Bikes fachte vor vierzig Jahren das Feuer der Zweitakt-Racer wieder an und die RDs dominierten in der Dekade lange die sportliche Zweitakt-Szene. Durch die wassergekühlte RD 350 / 250 LC entfaltete sich der Zweitakter zu seiner letzten großen Blüte.

Yamaha errang in den 1970er Jahren viele Rennerfolge in der WM und in nationalen Serien, dank ihren schnellen und dennoch halbwegs günstigen TZ-Rennmaschinen. Die straßenzugelassene RD-Baureihe – das Kürzel RD stand für "Race Development" – wurde zu der Zeit von luftgekühlten Zweizylinder-Zweitakt-Motoren angetrieben, während die TZs in diversen Hubraumgrößen bereits flüssigkeitsgekühlt waren.

Ende des Jahrzehnts führten die USA strenge Abgasnormen ein, die mit luftgekühlten Zweitaktern kaum noch einzuhalten waren. Während die anderen Motorradhersteller deshalb von der Entwicklung neuer Zweitakt-Sportler Abstand nahmen, wollte Yamaha das Prinzip nicht aufgeben. Sie stellten dem TZ-Racer einen wassergekühlten Ableger (mit der Abkürzung "LC” für "Liquid Cooled") mit Straßenzulassung zur Seite, um die Rennerfolge in klingende Münze umzuwandeln.

Weil der Zweitaktmarkt in den USA so gut wie erledigt war, wurden die RD 350 LC und RD 250 LC von Yamaha Europe entwickelt. Es sollte ein sehr innovatives Sportmotorrad werden, dessen Design auf den europäischen Geschmack zugeschnitten war. Die neue RD wirkte optisch leichter als die Vorgängerin, was vor allem dem knapperen Heck, der flacheren Sitzbank, dem sportlicheren Lenker, dem zentralen Feder-Dämpferbein und den kürzeren, konischen Auspufftöpfen zu verdanken war. Zur Präsentation von RD 350 LC und RD 250 LC 1980 verwies Yamaha auf seine Rennsporterfolge und pries die RD als "TZ für die Straße" an.

In der Tat war die TZ Vorbild für die RD: Neben dem Aluminium-Wasserkühler ähnelten sie sich im Layout des Rohrrahmens mit den zwei Unterzügen sowie der Cantilever-Schwinge mit Zentralfederbein. Aber die RD übernahm keine Teile von der TZ, so dass sie zum Leidwesen der Rennsport-Fans nicht austauschbar waren. Das Kurbelgehäuse war horizontal geteilt und nicht vertikal wie bei der TZ. Zudem bekam die RD die damals modernen Gussfelgen.

40 Jahre Yamaha RD 350 LC Teil 1 (8 Bilder)

Der Zweitaktmotor der Yamaha RD 350 LC verfügte über Flüssigkeitskühlung und das war der Schlüssel zum Erfolg. Sie fachte das Feuer der Zweitakt-Racer wieder an und die RDs dominierten in der Dekade lange die sportliche Zweitakt-Szene.
(Bild: Yamaha)

Der Verkaufserfolg der RD 250 LC und RD 350 LC ließ nicht auf sich warten, die Kunden stürmten die Händler, zumal die Preise von 4505 Mark bzw. 5038 Mark auch noch recht günstig waren. Insgesamt verkaufte Yamaha alleine in Deutschland 5679 Stück der RD 350 LC und 7223 der RD 250 LC.

Die beiden Motorräder waren fast identisch und unterschieden sich außer in der Hubraumgröße nur durch Details. Ihr leichter Zweizylinder war sehr schmal. Das Gemisch wurde von zwei Mikuni-Vergasern aufbereitet, bei der RD 250 LC wiesen sie 26 Millimeter und bei der RD 350 LC 28 Millimeter Durchlass auf. Ein separater Öltank lieferte den Schmierstoff für das Gemisch, das über Membransteuerung in die Brennräume gelangte. Eine kontaktlose Zündanlage mit Kennfeld entflammte es konstant im richtigen Moment.

Die RDs verfügten über nadelgelagerte Pleuel, wälzgelagerte Kurbelwelle, Mehrscheiben-Kupplung im Ölbad und ein Sechsganggetriebe. Der 347 Kubikzentimeter große Zweizylinder-Zweitakter wurde 1980 mit 49 PS bei 8700/min vorgestellt. Jedoch kam es zu etlichen Motorschäden und Yamaha sah sich genötigt, schon im nächsten Jahr die Höchstleistung zugunsten einer besseren Haltbarkeit auf 46 PS zu reduzieren. Die RD 250 LC mit ihrer zehn Millimeter kleineren Bohrung holte aus ihren 247 Kubikzentimetern 38 PS bei 8500/min und war gar nicht so viel langsamer als ihre größere Schwester: Während die 350er 175 km/h erreichte, brachte es die 250er auf knapp 160 km/h.

Die beiden fast baugleichen Modelle profitierten von ihrem geringen Gewicht, sie wogen je 157 Kilogramm bei vollem 17-Liter-Tank. Die RDs bestachen durch ihr agiles Handling, das Einlenken erfolgte ohne spürbaren Kraftaufwand. Natürlich musste der Motor bei Drehzahlen gehalten werden, unter 6000 Touren tat sich nicht viel, doch dann brannte der Zweitakter ein wahres Feuerwerk bis etwas über 9000/min ab. Wer also immer fleißig im Sechsganggetriebe rührte, war höllisch schnell unterwegs und konnte auf kurviger Strecke die stärkeren, aber eben auch deutlich schwereren Viertakt-Motorräder abhängen. Im Cockpit waren Tacho und Drehzahlmesser gleich groß dimensioniert, wobei der RD-Fahrer gut daran tat, die Drehzahlen genau im Auge zu behalten, damit der Motor nicht in den roten Bereich über 9500 /min rauschte.

Verzögert wurde die RD 350 LC vorne von zwei Schwimmsattel-Scheibenbremsen, die 250er musste sich mit einer einzelnen Scheibenbremse begnügen, hinten hatten beide eine Trommelbremse. Sie rollten auf 18-Zoll-Gussfelgen und die damals üblichen schmalen Reifen trugen zur ausgeprägten Handlichkeit bei. Die Telegabel hatte 32 Millimeter dicke Standrohre und wies mit Teflon beschichtete Gleitbuchsen auf.