Artikelserie Elektroauto-Batterien: Der aktuelle Stand bei den Batterien

Seite 2: Mischungen für Batteriezellen: NMC und LFP

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An der Kathode dominieren zwei Mischungen: Die meisten Elektroautos im Bestand greifen auf Nickel, Mangan und Kobalt (NMC) zurück, bei Tesla gibt es auch NCA-Zellen (A für Aluminium). Diese Zellchemie hat eine sehr gute Energiedichte bei guten Leistungswerten. Was sich verändert hat und weiter ändert, ist das Mischungsverhältnis: Wenn jeweils gleich viel NMC an der Kathode vorhanden sind, spricht man von NMC 111.

Bei Audi kommen Zellen mit einer Kathodenmischung aus Nickel, Mangan und Kobalt zum Einsatz. Das ist der am weitesten verbreitete Typ in Europa. In China haben inzwischen LFP-Zellen (für Lithium-Eisenphosphat) die Mehrheit bei der Neuproduktion. LFP-Zellen sind besonders robust, sicher und dauerhaltbar. Aber die Energiedichte ist niedrig, und die Kälteeigenschaften sind schlecht.

(Bild: Audi)

Aber der Anteil von Nickel steigt und jener von Kobalt wird zurückgedrängt – auch aus Kostengründen. Zellen mit NMC 622 sind weit verbreitet, jene mit NMC 811 vereinzelt schon verbaut, und auch NMC 955 (die 5 steht dann für 0,5) werden bald in Elektroautos eingebaut sein.

Geld ist ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung von Traktionsbatterien. Schließlich sammeln sich hier in der Regel mehrere hundert Kilogramm Metall. Die einzige marktgängige Alternative zu NMC-Zellen sind LFP-Zellen. Das steht für Lithium-Eisenphosphat, also eine Zellchemie ohne die teuren Metalle Kobalt und Nickel.

Eine große Stärke von LFP-Zellen ist die Unempfindlichkeit. Sie gelten als zyklenfester, das heißt, sie halten eigentlich länger. Die Hersteller wägen ab, ob sie diese Dauerhaltbarkeit an die Kunden weitergeben oder umgekehrt die gleiche Dauerhaltbarkeit wie zuvor anbieten und die LFP-Zellen härter malträtieren, in dem sie zum Beispiel einen größeren Ladehub freigeben.

Das gefürchtete Durchgehen (englisch Thermal Runaway) ist bei LFP-Zellen sehr unwahrscheinlich. Im Gegensatz dazu ist die Kettenreaktion aus Elektrolyt- und späterem Grafitbrand bei NMC-Zellen keineswegs ausgeschlossen. Ein Unfall oder ein Fertigungsfehler können zum Feuer führen.

Audi verdeutlicht, wie die Batteriezellen in Modulen und diese wiederum ins Gesamtsystem integriert sind. Die Crashstruktur ist ein wesentliches Element. Ziel vieler Entwickler ist es, das Verhältnis aus aktivem zu passivem Material zu verbessern. Die Verpackung soll zurückgedrängt werden, ohne dass Sicherheit oder Dauerhaltbarkeit leiden.

(Bild: Audi)

Tesla verwendet LFP-Zellen in der Einstiegsversion des Model 3, MG macht das Gleiche beim MG4, und wenn man die Produktion in China für China betrachtet, laufen bereits mehr LFP- als NMC-Zellen vom Band. Warum ist das nicht überall so, wenn LFP-Zellen preisgünstiger und robuster sind? Das liegt zum einen an der schlechteren Energiedichte und zum anderen daran, dass sich LFP-Zellen bei Minusgraden nicht laden lassen; sie müssen erst geheizt werden, um Strom aufnehmen zu können.

Weltmarktführer CATL ist einer der wenigen Batterieproduzenten, der transparent bei den Rahmendaten ist. Im Juni 2022 haben die Entwickler von CATL die Qilin-Batterie präsentiert. Wir rechnen in der zweiten Jahreshälfte mit dem Einsatz in einem Serienfahrzeug.

CATL nennt eine gravimetrische Energiedichte von 255 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) für NMC und 160 Wh/kg für LFP. Im Qilin-System können beide Zellchemien eingesetzt werden. Eine der Stärken von Qilin ist die hohe Integration: 72 Prozent des Volumens sind Aktivmaterial, der Rest ist Verpackung. Das Verhältnis von aktivem Material zur Verpackung immer weiter zu verbessern, ohne dass Sicherheit oder Dauerhaltbarkeit leiden, ist ein Ziel der Entwicklungsanstrengungen.

Auf dem deutschen Markt bieten zurzeit lediglich Tesla und MG Motors LFP-basierte Batteriesysteme an. Der MG4 etwa hat in der preisgünstigen Basisversion LFP-Zellen. Die besseren Varianten – hier im Foto an den Felgen sowie dem senkrecht stehenden LED-Blinker im Stoßfänger erkennbar – haben dagegen die teureren NMC-Zellen

(Bild: MG Motors)

Auffällig an der Qilin-Batterie ist das aufwendige Kühl- und Heizsystem. CATL verspricht 4C, eine Vollladung ist also in einer Viertelstunde erledigt. Weil die Zellen nur in einem bestimmten Temperaturfenster perfekt arbeiten, ist dieser Wert nur über eine besonders leistungsstarke Kühlung und Heizung erreichbar – und das haben die Chinesen offenbar realisiert. Mit der vorhandenen NMC- oder LFP-Zellchemie lassen sich also die Wartestopps an den Ladesäulen erheblich verkürzen, wenn das Batteriesystem das ermöglicht.

(fpi)