Blechaktien: Diese Oldtimer steigen stark im Wert

Mit der Wertsteigerung versuchen sich viele einen unvernünftigen Oldtimer-Kauf "schönzurechnen." Modelle mit tatsächlichem Spekulationspotenzial

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VW Passat B3
Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Haiko Prengel
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Schon mal vom „Tal der Tränen“ auf dem Gebrauchtwagenmarkt gehört? So nennt man die lange Durststrecke des Preisverfalls, die jedes Auto durchmachen muss, bis vom einst stolzen Neuwagenpreis nur noch ein Bruchteil übrig geblieben ist. Bei populären Modellen geht die Preiskurve dann nach 25, 30 Jahren wieder nach oben. Man spricht vom Klassiker.

Allerdings mausert sich nicht jedes alte Auto zum begehrten Oldtimer. Bei Großvaters altem Ford Sierra Diesel sind die Zuwachsraten begrenzt. Auch Massenautos wie VW Golf oder Opel Kadett werden nicht automatisch zu begehrten Klassikern, nur weil sie 30 Jahre alt sind.

Stattdessen sind es flott motorisierte Youngtimer aus den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren, die zuletzt besonders stark an Wert zulegten. Mit einem 16V-Schriftzug am Heck oder gar einem Turbolader am Krümmer wachsen die Begehrlichkeiten stark – und damit auch der Preis. Bei manchen Modellen hat sich der Marktwert in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt. Welche das sind, haben wir den Marktbeobachter Classic Analytics gefragt. Diese zehn Klassiker legten zuletzt besonders stark an Wert zu (alle Marktwerte für Autos im Zustand 2, Quelle: Classic Analytics).

Der Opel Calibra lies im Herbst 1989 seinen Vorgänger Manta fast schmerzhaft alt aussehen. Die elegante Karosserie machte ihn zum Aerodynamikweltmeister (cW 0,26), der 204 PS Turbo 4x4 das „Vectra-Coupé“ im März 1992 zum ernstzunehmenden Sportwagen und Technologieträger.

(Bild: Opel)

War er der bessere Manta? Der Calibra wird vor 30 Jahren für Opel zum Verkaufsschlager. Anders als sein Vorgänger mit dem Proleten-Image sieht das neue Sportcoupé aus Rüsselsheim nicht nur schnittig aus – es fährt sich auch so. Schon ein Calibra 2.0i 16V mit 150 PS (später 136 PS) rennt über 220 km/h. Der Zweiliter-Vierzylinder mit der internen Bezeichnung C20XE kommt auch in Kadett GSi 16V, Vectra und Omega zum Einsatz und gilt als eines der besten Vierventiler seiner Zeit. 1992 wird der 2.0i 16V zusätzlich mit einem Turbolader bestückt – das Ergebnis ist das neue Spitzenmodell: der Calibra Turbo 4x4.

Mit knapp 50.000 Mark war der Calibra Turbo 4x4 sehr teuer für einen Plastikbomber auf nüchterner Vectra-Basis. Doch mit 245 km/h Spitze, einer Beschleunigung von 6,8 s auf 100 km/h, 6-Gang-Getraggetriebe und Allradantrieb bekam man dafür geballte Technik und Fahrspaß auf dem Niveau deutlich teurerer Sportwagen. Im Bild ist der Calibra in der Sonderedition "Keke Rosberg" von 1995. Es gab dieses Sondermodell neben 4x4 Turbo und V6 auch als Einstiegsvierzylinder mit 115 PS.

(Bild: MatJo25 - CC BY-SA 4.0)

Mit Allradantrieb, Sechsgangschaltgetriebe und 204 PS lehrt das Sportcoupé der Konkurrenz das Fürchten. Die Top-Speed liegt bei 245 km/h, für einen Opel ist das damals wahnwitzig. Heute sind gepflegte Turbo-Kandidaten gesucht – erst Recht, wenn es sich um eine der begehrten Sondereditionen handelt. Von denen es beim Calibra einige gibt. Sie heißen „Keke Rosberg“ oder „DTM Edition“, denn der Calibra ist in den 90ern auch bei der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) erfolgreich.

Marktwert 2015: 7800 Euro. Marktwert heute: 15.000 Euro

Im Cockpit war der Calibra leider nur ein Vectra. Auch eine Vollausstattung kann die Kunststoffwüste in der grobschlachtigen Formensprache der 90er-Opel nicht attraktiv machen.

(Bild: Opel)

Passat-Modelle der Baureihe B2 wurden unlängst noch von Kiesplatzhändlern vom Hof gekehrt oder von Tatort-Kommissaren erschossen. Insbesondere Variant-Topmodelle mit Allrad und Fünfzylinder sind heutzutage aber rarer und cooler als manche alte Oberklasselimousine.

(Bild: Volkswagen)

Kombis waren früher Handwerkerautos. Das ändert sich in den späten 1970er-Jahren, als sogar Mercedes beim W123 sein erstes T-Modell (für Tourismus und Transport) herausbringt – die Ladefläche mit feinem Teppich ausgeschlagen. Nicht ganz so gut betuchte Familien fahren Opel Rekord/Omega Caravan oder VW Passat Variant. Bei letzterem bietet Volkswagen ab 1985 auch so etwas wie eine frühe Lifestyle-Variante an.

Der Passat Syncro wurde ab 1984 nur als Variant mit GT-Ausstattung angeboten. Es gab ihn ausschließlich mit Fünfzylindermotoren mit zwei Litern (115 PS) bzw. 2,2 Liter Hubraum (120 bis 136 PS). Weil Motoren und Allradantrieb von Audi stammten, galt der Passat Syncro als eine Art Handwerker-Quattro.

(Bild: Volkswagen)

Mit dem 2.2 GT Synchro kommt man dank Allradantrieb auch unwegsame Stellen auf dem Campingplatz, die Technik stammt vom Audi Quattro. Dazu kommt ein für damalige Verhältnisse ziemlich starker 2,2-Liter-Fünfzylinder mit 136 PS. Keine Frage, mit so einem raren Passat Synchro Kombi kann man heute einem Mercedes W124 T-Modell die Schau stehlen. Das heißt schon was, denn die 80er-Lifestyle-Kombis sind begehrt wie nie.

Das Cockpit, hier ein frühes Modell von 1980, setzte das Kastige des Äußeren konsequent fort.

(Bild: Volkswagen)

Marktwert 2015: 4800 Euro. Marktwert heute: 10.000 Euro.

Der E34 wurde 1991 zum zweiten BMW-Kombi namens „touring“. In den frühen 70ern hatte es zwar schon ein Kombi-Coupé des 02 mit diesem Namen gegeben, praktisch war das aber so gut wie gar nicht verkauft worden. Der 540i war zudem der erste 5er mit V8-Motor. Diese zierliche Niere galt damals als breit und sei den heutigen Gestaltern als zarte Erinnerung an gute Zeiten ins Gedächtnis gerufen. Sie war zunächst den V8-Modellen vorbehalten.

(Bild: BMW)

Die Reihensechszylinder, die BMW Anfang der 1990er-Jahre baute, sind in ihrer Laufkultur vielleicht unerreicht. Nochmals etwas mehr Wohlklang bieten ab 1992 die beiden Achtzylinder-Modelle 530i und 540i. Erstmals können Kunden einen Mittelklasse-BMW mit V8 ordern, und davon wird auch gerne Gebrauch gemacht, obwohl die Aufpreise ausgesprochen selbstbewusst kalkuliert sind.

Edel ausgestattete und fein motorisierte E34 Touring gehören heute zu den Klassikern im Wartestand. Aber auch originale, beherzter motorisierte und konfigurierte Limousinen werden langsam rarer und teurer.

(Bild: nakhon100, CC BY 2.0)

Der 4,4-Liter-V8 im 540i ist mit seinen 286 PS die bessere Wahl. Der 530i mit 218 PS zwar auch nicht lahm. Von den Fahrwerten unterscheidet er sich aber kaum von einem 525i-Sechszylinder, der zwar "nur" auf 192 PS kommt, aber leichter ist. Auch der 5er-Touring hatte in der Baureihe E34 Premiere, als erster Kombi in der 5er-Familie. Auf dem Youngtimer-Markt überwiegen heute die Limousinen, für einen Touring muss man unabhängig von der Motorisierung Aufschlag zahlen. Der 540i als Top-Modell ist besonders gesucht, insbesondere seltene Exemplare mit Schaltgetriebe.

Das Interieur des E34 hat den Vorteil, dass es aus einer Zeit ohne Displays und Navigation stammt. So hohe Funktionalität und Bediensicherheit gibt es heute nirgends mehr.

(Bild: Pierre Scheidegger CC BY-SA 3.0)

Marktwert 2015: 8500 Euro. Marktwert heute: 17.000 Euro

Volvo Kombis gehören schon lange zu den wertstabilsten Gebrauchsautos. Auch der 850 bietet eine Kombination aus zeitloser Nüchternheit und hoher Langlebigkeit. Als T5, T5-R oder R kommt zum plakativen Pragmatiker noch eine disruptiv-spaßige Leistungseskalation. Der 850 wird so zur hedonistischen Umweltsau, mit der man vor dem Montessori-Kindergarten nicht auffällt.

(Bild: Volvo)

Kombi können auch andere, besonders Volvo. Mit dem Modell 850 tun sich deutsche Kunden anfangs schwer. Ungewöhnlich für einen großen Volvo ist 1991 der Frontantrieb. Zudem ist der Mittelklässler zunächst nur als Limousine erhältlich. 1993 wird dann der Kombi nachgereicht und das Modell verkauft sich doch noch gut: über 700.000 Exemplare vom 850er werden gebaut, die Hälfte davon sind Kombis.

Die Turbokante mit Kühlschrankquaderdesign wirkt aus heutiger Sicht aufreizend zierlich. Der scheinbare Widerspruch zwischen dem Lastenvolvo und Sportattributen sowie einer auffälligen Farbe führt zu einem Ergebnis, das einen emotional um den Verstand bringen kann.

(Bild: Volvo)

Youngtimer-Fans schätzen heute die Ecken und Kanten des Volvo 850, rund sind bei ihm eigentlich nur die Reifen. Dazu kommt eine breite Motorenpalette mit ziemlich scharfen Typen. Schon die Turbos sind keine Schwachmaten, richtig auf Krawall machen 850 R und T5-R mit bis zu 250 Pferdestärken. So wird der solide Volvo zum Familien-Porsche. Nur Mut zur Farbe braucht man: Den 850 T5-R gab es nur in Grün, Schwarz und dem knalligen „Merkur-Gelb“.

Das scheinbar mit Wasserwaage und Geodreieck entworfene Cockpit versprüht optisch den Charme der Dauerhaltbarkeit, den es qualitativ einhält. Gerade heute bildet ein Volvo-Youngtimer einen nahezu therapeutischen Kontrast zu aktuellen Fingerabdruckbildschirmtapeten.

(Bild: Volvo)

Marktwert 2015: 5900 Euro. Marktwert heute: 15.000 Euro

Die Frage, warum ein Renault Fuego auf einmal zum Spekulationsobjekt werden sollte, ist mit einer kurzen Gegenfrage abgeschmettert: „Wann haben Sie zuletzt einen gesehen?“ Das Gleiche gilt für die Limousinenvariante R18. Wer einen in gutem Zustand findet und nicht mit Phantasiepreisen konfrontiert wird, sollte sich überlegen, zuzuschlagen.

(Bild: Renault)

VW Scirocco, Opel Manta, Ford Capri: Die 1970er- und 1980er-Jahre waren die Zeit der bezahlbaren Volks-Coupés auf Basis von Großserientechnik. Renault wollte da nicht fehlen und brachte 1980 den heißen Fuego (spanisch für Feuer) auf den Markt. Mit der großen gläsernen Heckklappe erinnert er ein wenig an den Porsche 924, seinerzeit auch „Hausfrauen-Porsche“ geschmäht. In den Fuego kann man ebenfalls gut Einkäufe verstauen, zumal sich die Rückbank umklappen lässt.

Zumindest halbwegs mit dem sportlichen Äußeren korrespondierende Fahrleistungen boten nur die Topmodelle ab TX und GTX mit 110 PS. Das Flaggschiff war ab 1983 der Fuego Turbo mit aufgeladenem 1,6-Liter-Motor und 132 PS. Er ist heute das Modell der Wahl.

(Bild: Renault)

Wie bei Capri, Manta und Co. ist die Einstiegsmotorisierung auch beim Fuego mit 64 PS mager. Die Topversionen TX und GTX leisten anfangs 110 PS. 1983 reichen die Franzosen dann den Fuego Turbo nach, der zwangsbeatmete 1,6-Liter-Vierzylinder kommt auf 132 PS. Es ist nicht das einzige Turbo-Modell, mit dem Renault vor 40 Jahren Furore macht. Während etwa der Renault 5 Turbo in der legendären Rallyeserie Gruppe B mitmischt, ist der Fuego Turbo aber eher auf Komfort und flotte Autobahn-Passagen ausgelegt.

Französische Cockpits der 80er-Jahre zeichneten sich durch mutigen Farbeinsatz und nicht gerade herausragende Qualität aus. Heute ist das Fuego-Cockpit wie eine Zeitkapsel.

(Bild: Renault)

Marktwert 2015: 6200 Euro. Marktwert heute: 12.000 Euro

Die zweite Generation der Celica Supra, das große sportliche Sechszylinder-Coupé von Toyota, wurde 1981 vorgestellt. Mit einem 170 PS starken Reihensechszylinder gehörte man damals unterhalb von Supersportwagen zu den Schnellsten überhaupt. Ein Porsche 911 SC hatte damals 180 PS.

(Bild: Toyota)

Die vom Ford Mustang ausgelöste Pony-Car-Welle schwappt Ende der 1960er-Jahre auch nach Europa und Fernost. Japans Antwort heißt damals Toyota Celica. Die Ähnlichkeit des Ur-Celica (1970 bis 1975) zum Mustang ist bei der lang gezogenen Motorhaube und dem stämmigen Heck kaum zu übersehen. Wie auch bei den deutschen Möchtegern-Muscle-Cars Capri oder Manta zeigt sich der Celica bei der Motorleistung jedoch zugeknöpft: Nix V8-Motor, es gibt nur Vierzylinder von 75 bis 123 PS.

Von 1981 bis 1985 wurde die zweite Serie der Celica Supra (MA 60/61) produziert. Mit seinem 2,8-Liter-Reihensechszylinder sollte das luxuriöse Sportcoupé die Vorherrschaft des Datsun/Nissan 280ZX brechen, was ihm aber trotz seiner Stärken nicht gelang.

(Bild: Toyota)

Ändern sollte sich dies ab 1978 mit der Spitzenversion Supra. Deren Sechszylinder leisteten bis zu 170 PS beim 2.8i, da konnte kein Scirocco oder Manta mithalten. Die Karosserielinien eines Toyota Celica aus den Siebzigern sind eine Augenweide, insbesondere beim schicken Liftback. Aber auch die kantige Modellreihe aus den frühen Achtzigern mit ihren Klappscheinwerfern ist heute ein Hingucker.

Wer mit dem Gedanken an ein sportliches Reisecoupé aus der Youngtimer- bzw. jüngeren Oldtimer-Fraktion spielt, sollte neben Porsche 944 oder Alfa GTV6 auch einen Gedanken an die Celica Supra verschwenden. Auch hier stimmen sportlicher Stammbaum, technisches Niveau und Wertentwicklung. Hinzu kommt ein wundervoller Reihensechszylinder.

(Bild: Tokumeigakarinoaoshima, CC0)

Marktwert 2015: 8500 Euro. Marktwert heute: 14.200 Euro.