Corinna: Ein modernes und reifes Objektsystem für Perl 5

Seite 3: Quo Vadis

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Corinna bietet alles von einer modernen OO Erwartbare – und noch etwas mehr. Das Perl-Team liefert Corinna behutsam über mehrere Releases verteilt aus. Mindestens so lange – wahrscheinlich noch mehrere Jahre – behält es den Status experimentell. Die derzeit in den Perl-Kern eingepflegte Funktionalität ist das Meta-Objekt-Protokoll (MOP), das es Nutzern erlaubt, eigene Erweiterungen für Corinna zu schreiben, die sogar in die Privatsphäre der Feldvariablen eindringen könnten.

Zusammen mit den in den letzten zehn Jahren hinzugekommenen Signaturen, der Ausnahmebehandlung per try, catch, finally, der Postfix-Dereferenzierung, verketteter Vergleichsausdrücke und vielem mehr hat sich die Sprache merklich weiterentwickelt. Gleichzeitig hat das Perl-Team Altlasten entsorgt, wie etwa die Spezialvariablen: $, $* und $#, Methodenaufrufe per "'" oder die Behelfsfunktion, um in Perl 4 verschachtelte Datenstrukturen zu simulieren. Um diesen Fortschritt ausreichend deutlich zu machen, wollte das Perl-Entwicklungsteam die anders verbrauchte Versionsnummer 6 überspringen und stattdessen Perl 7 herausgeben. Der Versuch scheiterte aber vorerst an Meinungsverschiedenheiten im Team.

Andererseits arbeitet das erst wenige Jahre existierende Perl Steering Committee (PSC) routiniert an den nächsten Weichenstellungen, und Curtis Poe befasst sich mit Projekt Oshun, das Signaturen optional mit echter Typisierung ausstattet, während Perl 5.38 bereits einen bool-Typen brachte. Berücksichtigt man, dass Corinna für Perl-Verhältnisse ungewöhnlich viel zur Kompilierungszeit überprüft, lässt sich ein Trend zu stärkerer Striktheit ablesen. Entwicklerinnen und Entwickler können der Striktheit – mit etwas Aufwand – aber auch in Zukunft aus dem Weg gehen, ebenso wie auch niemand die Sigillen ($) für Variablen abschaffen möchte. Beides gehört zum Grundverständnis von dem, was Perl ausmacht. Aber in seiner Standard-Konfiguration erhält Perl zunehmend ein Gesicht, das es für neue Projekte attraktiver macht.

Herbert Breunung
schreibt seit 2007 über Perl und Raku, hält Vorträge, ist Autor des Raku-Moduls Math::Matrix und forscht über Compiler zur elektronischen Klangsynthese.

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