Embryonale Stammzellen: Wie ist der Stand nach 25 Jahren Hype?

Seite 5: Epilepsie-Behandlung

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Während des ISSCR-Treffens gab Neurona bekannt, dass bei zwei Patienten die Anfälle um mehr als 90 Prozent zurückgegangen seien. Bei einem 26-jährigen Mann waren es zuvor 32 Anfälle pro Monat gewesen. Wenn sich die Daten bestätigen, könnte das bedeuten, dass die Zelltransplantation ebenso wirksam ist wie die drastischste derzeit verfügbare Behandlung von Epilepsie – nämlich die chirurgische Entfernung eines Teils des Schläfenlappens. Allerdings hätte die Transplantation nicht die Nebenwirkungen, die bei der Entfernung eines Teils des Gehirns auftreten, wie etwa Gedächtnisverlust und Sehprobleme.

"Der Enthusiasmus ist groß. Das könnte die erste Zelltherapie für Epilepsie sein", sagt der University-of-California-Professor Kriegstein, der auch Berater von Neurona und Mitbegründer des Unternehmens ist. Er glaube nicht, dass 25 Jahre eine lange Zeit für die Entwicklung dieser Art von Therapien sei. "Im Gegenteil, das geht eigentlich ziemlich schnell." Ärzte hatten bereits zuvor mit Nervenzelltransplantationen experimentiert – ein Unternehmen versuchte es mit Zellen von Schweinen. Aber es war erst Cory Nicholas, Postdoktorand in Kriegsteins Labor, der 2013 erstmals herausfand, wie embryonale Stammzellen dazu gebracht werden können, menschliche Interneuronen in großen Mengen zu bilden.

Es folgte eine Reihe von – wie Kriegstein es nennt – "rationalen systematischen Schritten" über ein Jahrzehnt hinweg, um das Rezept zu verbessern, Tests an Versuchstieren durchzuführen und die Genehmigung für eine Studie am Menschen zu erhalten. Der größte Teil dieser Arbeit wurde bei Neurona geleistet, einem Unternehmen, das inzwischen über 160 Millionen Dollar an Investorengeldern eingeworben hat und dessen CEO Nicholas ist.

"Ohne embryonale [oder induzierte] Stammzellen wäre dies natürlich nicht möglich", sagt Kriegstein. Da erst zwei Patienten behandelt wurden, sind die Ergebnisse von Neurona nur anekdotisch. Aber es besteht die Chance, dass es sich tatsächlich um ein Heilverfahren handelt. Das liegt daran, dass die transplantierten Zellen die Verbindungen halten und ihre Wirkung mit der Zeit sogar zunimmt, wodurch Anfälle möglicherweise ganz verhindert werden können.

"Zuerst schien es wie ein Hirngespinst, aber die Möglichkeit, diese Zellen in unbegrenzter Anzahl herzustellen, hat uns den Versuch wagen lassen. Jetzt haben wir Patienten, denen geholfen werden konnte. Es ist wirklich erstaunlich, wenn man darüber einmal nachdenkt", sagt Kriegstein. "Die Zellen befinden sich in den Patienten und wir können jetzt sehen, wie gut sie funktionieren." Das sei doch kein Hype. (bsc)