Fünf Jahre Ryzen: Erfolgsgeschichte eines AMD-Prozessors

Am 2. März 2017 erschienen die ersten Ryzen-Prozessoren. Die rechenstarken, extrem günstigen CPUs retteten wohl AMD, ihre 3D-Schwäche warf jedoch Fragen auf.

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"Core-i7-Leistung zum halben Preis". So stand es auf der Titelseite der c’t 6/2017, in der der Test der ersten Ryzen-Prozessoren erschien. Die Tage vor Druckschluss verliefen in der Redaktion spannend wie in einem Krimi, denn wir erhielten die beiden Exemplare des Achtkerners Ryzen 7 1800X erst drei Arbeitstage vor dem Drucktermin.

Unser Kollege Andreas Stiller brachte sie per Taxi direkt vom Flughafen in die Redaktion: AMD händigte die Prozessoren auf einer Presseveranstaltung in den USA ausschließlich persönlich aus.

C't-kompakt
  • Die Zen-Architektur bietet eine deutlich bessere Effizienz und Rechenleistung als ihre Vorgänger.
  • Die ersten Ryzen-CPUs punkteten mit hoher Leistung bei Multithreading-Anwendungen, hatten aber Schwächen bei 3D-Spielen.
  • AMD entwickelt bereits an kommenden Ryzen-Generationen mit neuer CPU-Fassung.

Auf unseren zwei Testsystemen konnten wir Anwendungs- und Spiele-Benchmarks parallel durchführen. Nach drei langen, hektischen Arbeitstagen mit einigen Überraschungen kamen die insgesamt 14 Seiten dank des Engagements einer Handvoll technischer Assistenten und Redakteure rechtzeitig in der Druckerei an. Der Testartikel schloss mit dem Satz "Aus Kundenperspektive kann man AMD zum Comeback mit Ryzen nur beglückwünschen".

Für AMD war Ryzen ein Befreiungsschlag, denn ohne diese Prozessorfamilie würde es den Chiphersteller wohl nicht mehr geben. Die vorherige Bulldozer-Architektur von 2011 mit zwei Integer-Clustern, aber nur einem Gleitkommamodul pro Kern war ein Griff ins Klo. Die damit ausgestatteten CPUs der Serien A und FX konnten über Jahre nicht mit Intels Core-i-Prozessoren mithalten, vor allem bei der Effizienz und der wichtigen Singlethreading-Performance.

AMD begann deshalb schon kurze Zeit nach der Bulldozer-Einführung mit der Entwicklung von dem, was 2017 als Zen-Architektur das Licht der Welt erblicken sollte. Die ersten Jahre leitete Prozessorkoryphäe Jim Keller das Team, der zuvor schon an der Entwicklung des DEC Alpha 21164, AMD Athlon, Athlon 64 und Apples erstem eigenem ARM-Chip A4 beteiligt und später für Tesla und Intel tätig war.

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Gestartet mit einem leeren Blatt Papier ist ein Design herausgekommen, das wieder deutlich näher an Intels Core-Architektur angelehnt ist. So kam bei Zen ein Micro-Op-Cache für bereits übersetzte Mikrooperationen hinzu, was die Dekodereinheiten entlastet. Das spart obendrein Energie, weil sich der vordere Teil des Frontends öfter komplett abschalten lässt.

Zudem hielt bei den Ryzen-Prozessoren Simultaneous Multithreading (SMT) Einzug, sodass ein Kern zwei Threads simultan abarbeiten kann. SMT lastet die Recheneinheiten besser aus und bringt bei gut parallelisierter Software rund 40 Prozent mehr Performance. Den Zen-Kernen spendierte AMD auch große Level-2- und -3-Caches. Das bringt ein Leistungsplus, weil Daten seltener aus dem deutlich langsameren RAM geholt werden müssen.

Beim Aufbau der Zen-Prozessoren gibt es deutliche Unterschiede zu den Core-i-CPUs, deren Vorteile sich zum Teil erst Jahre später zeigten. Zum einen ist jeder Ryzen ein System-on-Chip und enthält nicht nur CPU-Kerne, Caches, Speichercontroller und optional eine Grafikeinheit, sondern zusätzlich I/O-Funktionen wie SATA und USB. Dadurch funktionieren Sie auch ohne separaten Chipsatz, was für Mini-PCs und die später erschienenen Mobilprozessoren ein Vorteil ist.

Die erste Ryzen-Generation mit Zen-Architektur sorgte für einen großen Sprung bei Performance und Effizienz. Letztere legte mit Erscheinen der Zen-2-Prozessoren und dem wechsel von 12/14- auf 7-Nanometer-Technik erneut zu. Dabei verdoppelte AMD außerdem die maximale Zahl der CPU-Kerne, wovon die Multithreading-Leistung profitiert. Die Performance eines einzelnen Kerns wächst allein durch höhere Taktfrequenzen und Architekturverbesserungen und steigt deshalb deutlich langsamer.

Zum anderen hat AMD die einzelnen CPU-Bestandteile über die eigens entwickelte Hochgeschwindigkeitsschnittstelle Infinity Fabric miteinander verbunden. Diese funktioniert sowohl innerhalb eines Chips als auch untereinander zwischen verschiedenen Chips. Das ermöglicht außer klassischen, monolithischen Halbleiter-Dies, zu denen die ersten beiden Ryzen-Generationen und die (mobilen) Ryzen-Kombiprozessoren mit integrierter Grafik zählen, auch ein Chiplet-Design. Dabei sind mehrere Chips in einem gemeinsamen Prozessorgehäuse vereint.

So konnte AMD mit vergleichsweise geringem Entwicklungsaufwand zeitnah Server-CPUs der Epyc-Serie mit bis zu 64 Kernen anbieten, die acht Zen-Dies auf einem großen Träger kombinieren. Ab den Ryzen 3000 kommen sogar Chips unterschiedlicher Fertigungstechnik zum Einsatz, denn sie bestehen aus CPU-Core-Dies, die nur die Rechenkerne enthalten, und einem I/O-Die für den Rest. Dank der hohen Flexibilität kann AMD mit einer einzigen CPU-Architektur vom billigen Athlon-Dual-Core über Mobil- und Desktop-CPUs bis zum 64-Kern-Server-Prozessor einen großen Anwendungsbereich abdecken.