Missing Link: IPv6 – Geheimsache des Bundes

Seite 4: Megaprojekt machbar in de?

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Mehrere hundert Millionen sind in die Konsolidierung und Modernisierung – man sollte wohl sagen die Planung der Modernisierung – geflossen. Auch der Bundesrechnungshof hat sich die IT-Projektsteuerung des Bundes schon mehrfach, zuletzt im April, zur Brust genommen und gemahnt. Seit 2008 ist man an der Arbeit und doch kommt – nicht nur im Fall IPv6 – das moderne neue Netz des Bundes nicht so recht voran.

Mehraufwände, auch durch Krisen wie Corona, die Unmöglichkeit, die zugesagten Stellen mit fachlich qualifiziertem Personal zu besetzen und nacheinander noch übertragene Zusatzprojekte, etwa eine Art Extranet für öffentliche Kunden, die bei den hohen Verschlüsselungsanforderungen nicht mitziehen können – all das erschwere die Arbeit, begründet die BDBOS das Schneckentempo. Die vielen archäologischen Schichten, die in den zusammengeführten Netzen abzutragen sind, sind sicher eine Herausforderung.

"Fackeln und Mistgabeln" wären in gewisser Weise die einfachere Lösung, sagt IPv6-Experte Gert Döring verschmitzt, was zu tun wäre. "Kleine Teams, die das Projekt federführend und hauptverantwortlich durchziehen", kann sich sein Kollege Benedikt Stockebrand vorstellen. Für beide ist klar, der wachsende Pflegeaufwand für ältere, komplex hinter Firewalls und NAT verschachtelte Netze wird immer teurer – am Ende könnten sich die Kosten als harter Treiber für den Umstieg erweisen.

Jenseits der technischen Schwierigkeiten gibt es aber den Layer9, Politik und Religion. Das Beispiel Ressortabstimmung Masterplan IPv6 verweist zugleich auf Schwierigkeiten der Ministerien, konstruktiv an einem Strang zu ziehen.

Die Erfassung der Steuern über Elster erfolgt heute zu 52 Prozent über IPv6.

Projekte wie der Berliner Flughafen BER oder die Investitionen in eine Bundeswehr, die dann als nicht verteidigungsfähig bezeichnet wird, werden von kritischen Stimmen als Parallelen bemüht. Müssen Großprojekte hierzulande scheitern?

Beim RIPE84 Treffen in Berlin verweist LIR Chefin Bürger auf eine echte Success-Story, die zeigt, es bewegt sich doch etwas. Die Erfassung der Steuern über Elster erfolgt heute zu 52 Prozent über IPv6. Ein Mitarbeiter der Bayerischen Finanzverwaltung hatte sich des Themas angenommen und bis 2020 durchgezogen. Dass bereits mehr Zugriffe über IPv6 erfolgen, liegt nicht zuletzt daran, dass große Netzbetreiber wie die DTAG ihre Endkunden ziemlich still und leise auf IPv6 migriert haben. Die Zahlen legen nahe, IPv6 hat es im Feld fast geschafft. Der vor über einer Dekade als Pionier gestartete Bund müsste einfach mal nachziehen.

(bme)