Motorräder, die Geschichte schrieben, Teil vier

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Im Gegensatz zu den japanischen Sportlern mit breitem Aluminiumrahmen setzte Ducati weiterhin auf einen Gitterohrrahmen aus Stahl. Die 916 erfreute mit präzisem Fahrverhalten und unerschütterlicher Ruhe in Schräglage. Durch ein um 180 Grad drehbares Lenkschaftrohr konnte der Nachlauf und der Lenkkopfwinkel verändert werden, was es dem Fahrer ermöglichte, die 916 auf seinen Fahrstil bzw. die Strecke einzustellen.

Es gab die 916 als Biposto mit Zwei-Personen-Sitzbank und als SP und SPS mit Solo-Höcker und mehr Leistung sowie diversen edleren Komponenten. Dass die 916 im Vergleich zur japanischen Konkurrenz deutlich teurer war, tat ihrem Erfolg keinen Abbruch. 1997 erschien die 916 SPS, die schon den auf 996 cm3 vergrößerten Motor mit 123 PS aufwies, wie er erst ab 1999 als Ducati 996 in Serie ging, dort aber "nur" 113 PS leistete.

2000 erhielt die 996 R als erste Ducati Testastretta-Zylinderköpfe, wodurch die Leistung kräftig anstieg. Ab 2002 wuchs der Hubraum auf 998 cm3 und folgerichtig hieß sie 998. Nun hatten alle Varianten – 998, 998 S und 998 R – den Testastretta-V2 und die Power reichte von 123 bis 139 PS. Parallel bot Ducati auch frei verkäufliche Corsa-Modelle ohne Straßenzulassung für den Wettbewerb an, die Leistung der 916 Corsa und 996 Corsa wuchs zwischen 1995 und 2001 von 155 PS auf 168 PS. Fast ein Jahrzehnt lang war die 916 das dominierende Motorrad auf der Rennstrecke und erweiterte den Fankreis von Ducati erheblich.

Die Yamaha YZF-R1 war nicht das erste kompromisslose Sportmotorrad mit Aluminiumrahmen, auch nicht die erste, die das Hubraumlimit der Superbike-WM von 750 cm3 überschritt (das hatte Honda mit der CBR 900 RR Fireblade bereits 1992 getan), aber sie hob die Performance bei ihrer Vorstellung 1998 auf ein ganz neues Level, indem sie den Liter Hubraum vollmachte.

Yamaha YZF-R

(Bild: Yamaha)

Projektleiter Kunihiko Miwa hatte bei der Entwicklung das Motto ausgegeben: "Keine Kompromisse". Motor und Chassis sollten eine integrierte Einheit werden. Der flüssigkeitsgekühlte Reihenvierzylinder hatte 998 cm3 und satte 150 PS bei 10.000/min. Bei einem Trockengewicht von 191 kg bot die R1 atemberaubende Fahrleistungen: 3,2 Sekunden für den Sprint von null auf 100 km/h und sagenhafte 270 km/h Topspeed.

Yamaha setzte weiterhin auf Fünfventil-Technik und das drehmomentfördernde EXUP-System im Auslass. Dabei war die 1000er-Yamaha äußerst kompakt geraten, sie wirkte fast wie eine 600er. Kein Wunder, dass sich die Sportfahrer aus aller Welt auf die YZF-R1 stürzten. Tatsächlich brauchte sie auf der Rundstrecke keine Gegner zu fürchten. Zwar hatte die Suzuki GSX 1300 R Hayabusa mit 175 PS mehr Leistung, aber sie bot nicht einmal ansatzweise das famose Handling der leichten Yamaha. Nicht zuletzt dank des kurzen Radstands von 1395 mm ließ sich die R1 spielerisch in Schräglage bringen und stach präzise in jede Kurve hinein. Ein fetter 190er-Hinterreifen mühte sich redlich, die überschäumende Kraft auf den Asphalt zu übertragen.

Ihr breiter Deltabox-Rahmen aus Aluminium sorgte für absolute Stabilität auch bei Höchstgeschwindigkeit und die Bremsen verzögerten auf höchstem Niveau. Kurz: Die Yamaha YZF-R1 markierte 1998 die Spitze des Sportmotorradbaus. Kein Wunder, dass sich die japanischen Konkurrenten postwendend dranmachten, den Hubraum ihrer Sportbikes auf einen Liter zu bringen und das Konzept von Yamaha eifrig zu kopieren. Es sollte noch sechs Jahre dauern, bis die FIM das Hubraumlimit in der Superbike-WM von 750 auf 1000 cm3 aufstockte, aber zu dem Zeitpunkt hatten bereits alle japanische Marken Ein-Liter-Reihenvierzylinder in ihren Superbikes verbaut.

Bis heute halten sich die Superbikes an das Vorbild der YZF-R1: Extrem viel Leistung in einem kompakten Chassis. Fast noch beeindruckender als ihre Performance auf der Rennstrecke war ihre Zuverlässigkeit – eine Motorradzeitschrift unterzog die erste YZF-R1 einem 50.000-km-Test, den sie problemlos überstand.

(fpi)