Neuer Test-Standard ISO 29119 – pro und contra

Seite 2: Fazit

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Was kann man aus der ganzen Diskussion nun ableiten? Die Softwareindustrie im Allgemeinen hat seit Jahren ein Qualitätsproblem. Da liegt es doch nahe, dass man bei der Qualitätssicherung ansetzt und durch einen international anerkannten Standard die Qualität der eigenen Produkte und Dienstleistungen verbessert.

Für Tester bedeutet das, dass sie sich mit dem Standard auseinandersetzen sollten. Zugegeben, die rund 300 US-Dollar sind unter Umständen ein großer Brocken für den einen oder anderen, aber für eine Karriere im Softwaretesten sicherlich eine notwendige Investition. Tester sollten auf jeden Fall wissen, ob sie sich mit dem Standard identifizieren, ob sie glauben, damit arbeiten zu können, und dann eine Entscheidung treffen. Für jemanden, der sich mit dem Standard nicht anfreunden kann, könnte das bedeuten, diesen entweder aktiv anzufechten oder sich unabhängig von möglichen Industrien zu machen, die diesen einsetzen wollen. Für jemanden, der den Standard gutheißt, könnte das bedeuten, dass man diesen seinem Chef vorstellt und weitere Schritte zur Adaption abstimmt.

Für einen Testmanager oder Projektleiter könnte das heißen, dass er sich ebenfalls mit dem Standard konstruktiv auseinandersetzen sollte. Kann das Vorgehen, das ISO 29119 vorschlägt, zu einer Verbesserung führen? Oder führt es zu derart erhöhten Kosten, dass man nicht länger wettbewerbsfähig ist? Auf jeden Fall sollte ein Manager, der über eine Änderung in der Arbeitsweise nachdenkt, sich mit der neuen Vorgehensweise aktiv auseinandersetzen.

Und was bleibt dem Rest? Vermutlich nur die Hoffnung darauf, dass diejenigen, die sich mit ISO 29119 auseinandersetzen, zu einer sinnvollen Entscheidung darüber kommen, ob sie diesen Standard bei sich einführen wollen. Im schlimmsten Fall setzen auf ihn lediglich Industrien rund um Regierungsaufträge und enden wie das amerikanische healthcare.gov-Projekt am Ende des letzten Jahres. Auf jeden Fall kann es nicht schaden, sich ebenfalls kritisch mit dem Standard auseinanderzusetzen und für seinen eignen Karriereweg eine bewusste Entscheidung hin oder weg von ISO 29119 zu treffen.

Markus Gärtner
arbeitet als CST, agiler Trainer, Coach und Berater für die it-agile GmbH in Hamburg. Er schrieb unter anderem "ATDD by Example – A Practical Guide to Acceptance Test-Driven Development" erhielt den Most Influential Agile Testing Professional Person Award in 2013 und steuert zur Softwerkskammer, der deutschen Software Craftsmanship Bewegung, bei.
(ane)