Verkaufen bei Amazon: Die wichtigsten Voraussetzungen und Unterschiede

Seller oder Vendor? Es gibt verschiedene Wege, bei Amazon Produkte anzubieten. Mit mehr und weniger Verantwortung beim Händler und bei der Plattform.

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(Bild: Nicole Glass Photography/Shutterstock.com)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Constanze Neigenfind
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Keine Frage, die Digitalisierung hat den Handel grundlegend verändert. Jüngst haben vor allem die Coronavirus-Pandemie und die damit zusammenhängende vorübergehende Schließung des stationären Handels dazu geführt, dass viele Unternehmen umdenken und sich die Synergien einer Multichannel-Strategie nutzbar machen sowie den Offline- mit Online-Vertrieb verbinden.

Mit mehr als 50 Prozent Anteil am deutschen E-Commerce-Umsatz beherrscht der Online-Händler Amazon den deutschen Online-Handel bereits seit einigen Jahren und macht es mit der integrierten Handelsplattform Marketplace, die im Geschäftsjahr 2018 allein über den deutschen Marktplatz ein Handelsvolumen von mehr als 20 Milliarden Euro erzielte, auch für Unternehmen und Privatpersonen möglich, die herausragende Stellung von Amazon zu nutzen und ihre E-Commerce Aktivitäten aufzubauen. Amazon gilt auch als die größte Produktsuchmaschine der Welt.

Ein Gastbeitrag von Constanze Neigenfind

Constanze Neigenfind ist Head of Online Marketing bei der Braunschweiger Agentur Fischer & Habel und unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung und Implementierung ihrer Amazon-Strategie.

Amazon bietet mit dem Seller- und Vendor-Programm für Verkäufer zwei Wege, um Waren mittels dieser Produktsuchmaschine der Welt zu vertreiben. Generell muss sich zu Beginn jedoch jeder Verkäufer, der den Amazon Marketplace als Vertriebskanal nutzen möchte, mit einem professionellen Verkäuferkonto im Amazon Seller Central (ASC) registrieren. Während das Seller Central somit allen Verkäufern zur Verfügung steht, können Verkäufer an dem Vendor-Programm nur mit einer exklusiven Einladung von Amazon an einer Direktkooperation mit dem Unternehmen teilnehmen.

Die Programme unterscheiden sich grundlegend darin, an wen die Ware letztlich verkauft wird. Seller verkaufen ihre Produkte auf dem Marktplatz direkt an den Endkunden (B2C) und sind damit in jeder Hinsicht für den Verkaufsprozess sowie das Marketing und die Logistik verantwortlich. Seller haben demnach die volle Kontrolle über das Produkt-Listing, die Preisgestaltung, den Verkauf und Versand der Ware. Vendoren verkaufen ihre Produkte im Gegensatz dazu direkt an das Unternehmen Amazon (B2B) und agieren vielmehr wie reine Lieferanten. Damit sind Vendoren lediglich verantwortlich für die Produktauswahl und geben darüber hinaus die volle Kontrolle an Amazon ab.

Während mit der Kontrolle auch die Verantwortung einhergeht und Seller somit ebenso für den Kundenservice verantwortlich sind und Kundenanfragen innerhalb von 24 Stunden beantworten, sowie Retouren bei Eigenversand zeitnah abwickeln müssen, haben sie neben einem Mehraufwand die Möglichkeit, über den Kontakt zum Endkunden ein direktes Feedback zu den Produkten und gegebenenfalls zur Marke zu erhalten. Zudem stehen Verkäufern über das Seller Central deutlich mehr relevante Informationen zu Verfügung, die über den Vertriebskanal hinaus wichtige Zielgruppen-Insights liefern können.

Das Marktplatzmodell für Third-Party Seller (dt. Drittanbieter) richtete sich bisher eher an kleine bis mittelständische Händler. Vor allem Markenhersteller bzw. größere Manufakturen und Großhändler wurden zu einer Direktkooperation von Amazon eingeladen und agierten auf dem Marktplatz als Vendoren. Zu Beginn lockten Argumente wie attraktive Konditionen und Vorteile beim Kampf um das Einkaufswagen-Feld gepaart mit den fehlenden Kapazitäten im eigenen Unternehmen zur Teilnahme am Vendor-Programm. Jedoch stellen zunehmend frustrierte Hersteller die Kooperation mit Amazon in Frage, denn an immer undurchsichtigen und teilweise unvorteilhaften Konditionen führt kaum noch ein Weg vorbei. Um sich der extremen Abhängigkeit von Amazon zu entziehen, die jüngst nur noch wenig Spielräume für eigene Entscheidungen offen ließ, den Marktplatz weiterhin nutzen zu können, wechseln immer mehr Vendoren zum Seller-Programm und nehmen damit das E-Commerce-Business selbst in die Hand.