737 Max: Untersuchungsbericht zu Lion Air 610 belastet Boeing

Seite 2: Personelle Konsequenzen und rote Zahlen

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Unter Druck: CEO Dennis Muilenburg.

(Bild: Shutterstock/John Gress Media Inc)

Zuletzt war ein Chatprotokoll aufgetaucht, in dem sich zwei maßgeblich mit der Zulassung der 737 Max befasste Boeing-Mitarbeiter über Probleme mit MCAS während eines Simulatorflugs bei niedriger Geschwindigkeit austauschen. Boeing bedauert, dass die Veröffentlichung ohne "sinnvolle Einordnung" erfolgt sei und betont in einer Stellungnahme, dass es um Fehler in der Simulatorsoftware gehe, die noch getestet wurde.

Inzwischen halten es auch Luftfahrtexperten für unwahrscheinlich, dass die von den Testpiloten beschriebenen Simulatorprobleme ein frühes Indiz für Fehlfunktionen von MCAS sein könnten. Der Seattle Times zufolge hat einer der Beteiligten an diesem Chat bestätigt, dass er die Unterhaltung dahingehend verstanden hat, dass es um einen Fehler in der Simulatorsoftware ging.

"Boeing hat die FAA über die Ausdehnung des Maneuvering Characteristics Augmentation System (MCAS) auf niedrige Geschwindigkeiten informiert", erklärt der Hersteller weiter und widerspricht damit zumindest teilweise einem gemeinsamen Evaluationsbericht internationaler Luftfahrtbehörden, laut dem Boeing während der Zulassung der 737 Max die FAA unzureichend über MCAS informiert hatte.

Das schwerfällige Krisenmanagement des Rüstungsriesen macht inzwischen auch Aufsichtsräte und Aktienmärkte unruhig. Nun gibt es erste personelle Konsequenzen. Nachdem schon CEO Muilenburg aufs Operative zurechtgestutzt wurde, hat der Verwaltungsrat am Montag den Chef der Verkehrsflugzeugsparte, Kevin McAllister, gefeuert. Seinen Job übernimmt Stan Deal, der bisher das Servicegeschäft von Boeing geleitet hat.

McAllister hinterlässt einige Problemfälle: Da ist zuerst das 737-Max-Desaster. Boeing will das Flugzeug noch in diesem Jahr wieder in die Luft kriegen. Airlines stellen sich aber bereits auf längere Standzeiten für die über 300 betroffenen Maschinen ein. Zuletzt waren bei der 737 NG Haarrisse in einem Verbindungsbauteil zwischen Rumpf und Tragflächen aufgetaucht. Dazu kommen Triebwerksprobleme bei der neuen 777X, deren Jungfernflug aufs nächste Jahr verschoben werden musste, auch die Auslieferung verzögert sich bis 2021. Zudem gehen die Bestellungen der 787 Dreamliner zurück, was Boeing zu einer Reduzierung der Produktion veranlasst.

Unterdessen hat Boeing die überarbeitete Software und vollständige Dokumentation an die US-Aufsichtsbehörde FAA übermittelt, wo sie nun für die Wiederzulassung des seit Frühjahr mit einem weltweiten Startverbot belegten Flugzeugtyps geprüft wird. Diese Prüfung dürfte mindestens noch einige Wochen dauern, sagte FAA-Chef Stephen Dickson laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters.

Die 737-Max-Krise schlägt nun auch auf die Bilanz durch. Am Dienstag hat Boeing die Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt. Der Umsatz ist um ein Fünftel auf 20 Milliarden US-Dollar geschrumpft. Unter dem Strich verdiente der Airbus-Rivale mit knapp 1,2 Milliarden US-Dollar (rund 1,1 Milliarden Euro) nur knapp halb so viel wie ein Jahr zuvor.

Während in den anderen Bereichen Business as usual herrscht, leidet besonders die Verkehrsflugzeugsparte: Nur 62 Flugzeuge hat Boeing ausgeliefert, im Vorjahresquartal waren es 190. Der Umsatz ist um 40 Prozent auf 8,25 Milliarden US-Dollar eingebrochen, die Sparte weist einen operativen Quartalverlust von 40 Millionen US-Dollar aus. "Höchste Priorität hat weiterhin die sichere Rückkehr der 737 Max in den Flugbetrieb", sagte Muilenburg. (vbr)