Anti-Terror-Verordnung: Europol setzt auf Lösch-Plattform Perci

Seite 2: Reaktionen sollen geprüft und protokolliert werden

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Die Verordnung werde die Arbeitsbeziehungen zwischen dem ECTC sowie den Mitgliedstaaten und Technologieunternehmen verändern, erläutert Europol. Die Zuständigkeiten der EU IRU würden sich mit dem Gesetz "weiterentwickeln". Bekannt ist, dass die Den Haager Polizeibehörde in ihrem Haushalt für 2020 bis 2022 sechs Millionen Euro allein für Perci veranschlagt hat.

Die Plattform soll Berichten zufolge weitgehend selbständig überprüfen, ob und wann gemeldete URLs oder Dateien entfernt wurden. Das System protokolliere dabei auch die Reaktionsgeschwindigkeit der Firmen. Kämen diese den Anordnungen verzögert nach, würden sie zu weiteren Maßnahmen gezwungen. Über Perci solle auch deutlich werden, wenn ein anderer Mitgliedstaat bereits ein Ersuchen für denselben Inhalt erlassen hat. Vermerkt würden zudem Wünsche, eine Webseite zur polizeilichen oder geheimdienstlichen Beobachtung zunächst online zu lassen.

Bürgerrechtler befürchten seit Längerem, dass die neue Verordnung und damit verknüpfte Instrumente wie Perci zu Zensur und weiteren rechtlichen Kollateralschäden führen. Die Betreiber des Web-Archivs Archive.org etwa bemängeln, dass es sich bei vielen der bislang beanstandeten Inhalte nicht um Aufrufe zum Terrorismus gehandelt habe. So löste 2019 die französische IRU-Einheit via Irma Löschaufforderungen aus, die etwa auf Texte aus dem Literaturprojekt Gutenberg, wissenschaftliche Papiere, Kunstsammlungen und Berichte des US-Kongresses zielten.

Ein nicht namentlich genannter Mitarbeiter der EU IRU hält dagegen, dass das Team sich der "grundlegenden Aspekte der Menschenrechte und Freiheiten" bewusst seien. Einerseits sollten die Europäer sich sicher sein, diese Grundrechte nicht zu beeinträchtigen. "Aber gleichzeitig müssen wir echte Maßnahmen ergreifen, um den Missbrauch des Internets durch böswillige Akteure zu kontrollieren." Der Ermittler betonte: "Das ist ein schwieriger Spagat", den es auszuhalten gelte.

Rund um die Uhr liefen die Operationen der Melde- und Verweisstelle, führt der Spezialist aus. "Sobald wir die terroristischen Inhalte selbst identifiziert haben, versuchen wir, ihre Spur im Internet zu verfolgen." Man sammle alle öffentlich verfügbaren Informationen über die Propaganda und erstelle ein Aktionspaket dazu. Die Einheit bestehe aus vier separaten Teams und beschäftigt eine Reihe von Spezialisten etwa mit operativer, sprachlicher, wissenschaftlicher und technischer Expertise. Es gehe nicht nur darum, etwa Arabisch zu verstehen, sondern auch den Prozess der Radikalisierung.

Die EU IRU werde im Rahmen ihres Mandats auch ihre Kapazitäten ausbauen, "um gegen illegale rechtsextremistische Inhalte im Internet vorzugehen", erläuterte Kommissarin Johansson. Dazu habe es im Mai einen ersten Aktionstag gegeben. Ferner verwalte die Hinweisstelle das Check-the-Web-Portal, um eine Wissensbibliothek über dschihadistische terroristische Online-Propaganda aufzubauen. Diese werde im Laufe des nächsten Jahres um rechtsextreme terroristische Inhalte erweitert, um auch hier Trends und Muster herauszuarbeiten.

(tiw)