Datenmüll von Voyager 1: "Das größte Wunder, wenn wir sie zurückbekommen"

Seit Monaten sendet die am weitesten von der Erde entfernte Sonde nur noch Datenmüll. Noch hat die NASA keine Lösung, aber zumindest eine Idee.

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Die Sonde Voyager 1 im All

(Bild: NASA/JPL-Caltech)

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Auch fast drei Monate nachdem die NASA-Sonde Voyager 1 aufgehört hat, wissenschaftliche und technische Daten zur Erde schicken, hat man bei der US-Weltraumagentur noch keine Lösung. "Es wäre das größte Wunder, wenn wir sie wieder zum Laufen bekommen, noch haben wir nicht aufgegeben", zitiert ArsTechnica aus einem Interview mit Projektleiterin Suzanne Dodd. Demnach geht man bei der NASA davon aus, dass es ein Problem im Speicher des betroffenen Computers gibt. Dessen Backup sei seit 1981 nicht mehr einsatzbereit. Geplant sei nun, die Sonde in einen anderen Modus zu wechseln, um den Fehler einzugrenzen. In dem habe sie zuletzt gearbeitet, als sie 1979 und 1980 am Jupiter und dem Saturn vorbeigeflogen ist. Angesichts des enormen Alters der Sonde arbeitet das kleine Team unter erschwerten Bedingungen. Eine derart ernste Situation hat Dodd in ihrer 2010 begonnen Amtszeit noch nicht erlebt.

Normalerweise sind bei der NASA weniger als ein Dutzend Menschen für die seit mehr als 46 Jahren laufende Voyager-Mission zuständig, seit dem jüngsten Problem habe sich die Zahl leicht erhöht, schreibt das US-Magazin. Anders als bei aktuellen Sonden gebe es für Voyager 1 und 2 keine Simulatoren auf der Erde, zur Problembehebung müssen jahrzehntealte Anleitungen auf Papier durchforstet werden. "Ich will nicht verdrießlich klingen, aber viele der Voyager-Leute sind tot", meint Dodd demnach. Die Suche in den alten Dokumenten gleiche einer archäologischen Expedition. Hinzu kommt das Alter der Sonden selbst, dessen sei man sich bewusst. Jederzeit könnte ein weiteres Gerät ausfallen. Man könne nicht endlos über verschiedene Ansätze streiten, sondern müsse eine Entscheidung fällen und dann handeln. Der nächste Versuch soll in den kommenden Wochen angegangen werden.

Publik gemacht hat die NASA die Probleme Mitte Dezember, aufgetreten waren sie einen Monat vorher. Einer der drei Computer, die Voyager 1 an Bord hat, sendet nur noch Datenmüll. Das Flight Data System (FDS) ist unter anderem dafür zuständig, Daten von den wissenschaftlichen Instrumenten einzusammeln und zusammen mit technischen Informationen in Pakete zu packen, die zur Erde geschickt werden. Gegenwärtig kommt auf der Erde aber nur ein Trägersignal an, das bestätigt, dass die Sonde aktiv ist. Hinweise auf ein anderes Problem gibt es nicht, außerdem habe man bestätigen können, dass die Sonde Befehle von der Erde empfängt. Mit dem Wechsel des Arbeitsmodus wollen die Verantwortlichen nun herausfinden, wo genau der Speicher defekt ist und eine mögliche Lösung vorbereiten. Dabei müssen sie mit immensen Wartezeiten leben, Signale brauchen weit über 22 Stunden zu Voyager 1, noch einmal so lang dauert, bis eine Antwort auf der Erde eintrifft.

Voyager 1 und ihre Schwestersonde Voyager 2 wurden 1977 gestartet und konnten für ihre Reise eine seltene Konstellation ausnutzen, in der die vier größten Planeten des Sonnensystems einander besonders nahekamen. Beide besuchten den Jupiter und holten an ihm Schwung zum Saturn, wo sich ihre Wege trennten: Voyager 1 katapultierte sich dort hinaus aus der Ebene des Sonnensystems, Voyager 2 zum Uranus und Neptun. Vorgesehen war ursprünglich lediglich eine vierjährige Mission, inzwischen sind sie 46 Jahre unterwegs und noch immer aktiv. Das Voyager-Programm gehört längst zu den größten Erfolgen der NASA. Zuletzt erreichten die Voyager-Zwillinge – weil es bei Weltraumsonden damals so viele Fehlschläge gab, gab es von allen wichtigen zwei – den interstellaren Raum.

(mho)