Glasfaser-Studie: Forscher bringen Überbauverbot ins Spiel

In vielen Gemeinden ist höchstens ein Netz langfristig ökonomisch tragfähig, geht aus einer Studie hervor. Die Wissenschaftler sehen den Regulierer gefordert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 108 Kommentare lesen

In ländlichen Regionen führt Doppelausbau zu Problemen, heißt es in einer Studie.

(Bild: ThomBal/Shutterstock.com)

Update
Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Laut einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) beauftragen Studie ist der parallele Ausbau von Glasfaserinfrastrukturen in Gemeinden mit geringerer Bevölkerungsdichte wirtschaftlich nicht tragbar und könnte die Ausbauziele der Bundesregierung gefährden. Während mehrere Netze in Ballungsräumen ausgelastet sein können, ist der sogenannte Überbau in weniger dicht besiedelten Regionen ein Problem.

Die Wettbewerber der Deutschen Telekom warnen seit Monaten dass Deutschland aufgrund eines unkoordinierten Glasfaserausbaus das Ziel der flächendeckenden Versorgung bis 2030 zu verfehlen drohe. Für das BMWK hat das Forschungsinstitut WIK-Consult nun 93 Fälle von Doppelausbau ausgewertet.

Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass der vielfach kritisierte Überbau die Regierungsziele in vielen Gegenden tatsächlich gefährden könnte. Sie loten daher Handlungsoptionen der Bundesnetzagentur aus, die bis zu einem Verbot des Mehrfachausbaus reichen.

Es gebe Ballungsräume, in denen "mehrere Infrastrukturen tragfähig sind", heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Analyse. Hier könne prinzipiell "jeder seinen kritischen Marktanteil erreichen". Doppelausbau sei in solchen Regionen ein "effizienter Infrastrukturwettbewerb".

Andererseits sei in vielen Gemeinden "höchstens ein Netz langfristig ökonomisch tragfähig". Die Experten von WIK-Consult gehen davon aus, dass mindestens zwei Drittel der deutschen Haushalte in Gebieten liegen, in denen sich höchstens ein Glasfasernetz wirtschaftlich bauen und betreiben lässt.

Komme es dort zu einem Doppelausbau, könne dies zu "einer geringeren Reichweite des eigenwirtschaftlichen Ausbaus" führen. So stünden die dort aktiven Netzbetreiber bei zunehmenden Überlappungen "vor einer Reihe von Herausforderungen".

Neben einer tatsächlichen Mehrfachverlegung von Glasfaser sei auch schon deren Ankündigung durch die Telekom nicht folgenlos, da Wettbewerber in den meisten Fällen so davon ausgehen müssten, ihr Netz dann nicht wirtschaftlich betreiben zu können. Ein Viertel der betroffenen Herausforderer habe daher Ausbauvorhaben verkleinert oder abgesagt, heißt es in der Studie.

Selbst in verdichteten urbanen Räumen, in denen laut Studie parallele Glasfasernetze rentabel wären, sei oft kein fairer Infrastrukturwettbewerb möglich, gibt der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) zu bedenken. Dies sei dann der Fall , wenn eines der ausbauenden Unternehmen über viele Bestandskunden auf dem Kupfernetz verfüge. Die Telekom haben hier einen Vertriebsvorteil.

Die Experten richten "den Blick auf die regulierungsrechtlichen Möglichkeiten". Hier müsste die Bundesnetzagentur tätig werden und gegebenenfalls Verhaltensvorgaben machen, um eine "regulierungszielwidrige Überbauaktivität" zu unterbinden. Dies würde auch die Rechts- und Planungssicherheit für die Marktteilnehmer erhöhen.

Jürgen Grützner vom Branchenverband VATM forderte anhand der Ergebnisse, "das wettbewerbs- und investitionsverdrängende Verhalten der Deutschen Telekom behördlich zu prüfen" und dringend zu handeln.

Der Bonner Konzern weist diese Interpretation der Studie zurück. Die 93 untersuchten Fälle seien offenbar ungeprüft von Wettbewerbsverbänden übernommen worden. Es gehe unter, "dass die Telekom ihrerseits überbaut wird", erklärte eine Telekom-Sprecherin. Die Handlungsoptionen blieben im Konjunktiv. Man werde daher den Weg des wettbewerblichen Ausbaus "konsequent" fortsetzen.

Das Gigabitbüro des Bundes hat unterdessen ein Konzept zum oberirdischen Glasfaserausbau und der Nutzung vorhandener Holzmasten sowie zum Errichten neuer Telekommunikationslinien vorgelegt.

Derzeit werde eine Erweiterung des Konzepts geprüft mit Blick auf Pilotprojekte bei der Verlegung, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Das Digitalministerium hat nach eigenen Angaben aber bislang keine solchen Vorhaben angestoßen, auch eine Finanzierung von Pilotinitiativen sei derzeit nicht vorgesehen.

Update

Stellungnahme der Deutschen Telekom ergänzt.

(vbr)