Astronomie: Super-Sonnensturm sorgte 1872 für Polarlichter bis Mumbai

Extreme Sonnenstürme könnten heute schwerwiegende Folgen haben, sind aber eher selten. Nun wurde ein besonders heftiger erforscht, der 1872 beobachtet wurde.

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Menschen in japanischer Kleidung bestaunen Aurora

Darstellung der Polarlichter über Japan

(Bild: Shounji Temple/Hayakawa et al. (2023))

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Ein internationales Forschungsteam der japanischen Universität Nagoya hat einen weiteren extremen Sonnensturm ausfindig gemacht, der die Erde in jüngerer Vergangenheit getroffen hat. Das Ereignis aus dem Jahr 1872 macht nach Angaben der Forscher deutlich, dass solche Superstürme häufiger vorkommen als bislang gedacht. Der magnetische Sturm vom 4. Februar 1872 war demnach so heftig, dass durch ihn verursachte Polarlichter noch im sudanesischen Khartum und im indischen Mumbai (damals Bombay) zu sehen waren. Ein vergleichbarer Sonnensturm würden heutzutage zu großflächigen Ausfällen von Stromnetzen und Satellitenkommunikation führen, warnt die Forschungsgruppe. Für unsere gesamte moderne Infrastruktur könne ein solches Ereignis ein erhebliches Problem darstellen.

Berichte über Polarlichter gab es fast überall auf der Welt.

(Bild: Hayakawa et al. (2023))

Ermittelt haben die Forscher und Forscherinnen die Auswirkungen des "Chapman-Silverman-Sturms" anhand historischer Aufzeichnungen aus aller Welt und mit moderner Technik, erklärt die Gruppe. So konnten sie "größtenteils vergessene" Aufzeichnungen zur Sonnenaktivität aus Belgien und Italien ausfindig machen. Messdaten zum Magnetfeld der Erde haben sie unter anderem Mumbai, Tiflis und Greenwich zusammengetragen. Ferner haben sie mehr als 700 Berichte über Polarlichter zusammengetragen, die beweisen, dass die Himmelsphänomene bis zu den 20. Breitengraden und damit außergewöhnlich nah am Äquator zu sehen waren. Damit sei der Magnetsturm ähnlich extrem ausgefallen, wie das Carrington-Ereignis im Jahr 1859 und der geomagnetische Sturm vom Mai 1921.

Herausgefunden hat das Team, dass die Telegraphie-Unterseekabel zwischen Mumbai und Aden (Jemen) nach dem Sonnensturm für Stunden ausgefallen waren. Auch für das Überlandkabel zwischen dem ägyptischen Kairo und Khartum seien vergleichbare Störungen gemeldet worden. Damit sei das Ereignis stark genug gewesen, um sogar in den Tropen die damalige technische Infrastruktur zu stören. Angesichts der viel stärkeren Technisierung wären die Folgen ungleich schwerwiegender, sollte sich solch ein Sturm heutzutage wiederholen. Je länger er andauern würde, desto schlimmer die Folgen vor allem für die Menschen in Städten. Gleichzeitig lege die Analyse nahe, dass solche magnetischen Stürme häufiger sind, als bislang angenommen.

Zu den besonders interessanten Ergebnissen der jetzt im Astrophysical Journal vorgestellten Untersuchung gehört noch, dass der Sturm seinen Ursprung in einer Gruppe von nur mittelgroßen, aber komplex zusammenhängenden Sonnenflecken hatte. Das lege nahe, dass selbst einer der extremsten Sonnenstürme auf vergleichsweise kleine Sonnenflecken zurückgehen kann. Vergleichbare Ereignisse bedeuteten als ein Risiko für die Erde, das nicht abgetan werden könne. Zwar ist unsere Sonne seit Jahrzehnten vergleichsweise ruhig, aber gerade das könnte auch dazu verleiten, die möglicherweise extremen Gefahren zu unterschätzen. Erst vor zwei Jahren hat eine Forscherin vor einer "Internet-Apokalypse" gewarnt, sollte ein heftiger Sonnensturm die Erde treffen.

(mho)