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Honor Magic6 Pro: Lange Akkulaufzeit, ungewöhnliche Kamera

Dicker Akku, mächtig Power und natürlich KI: Wir haben Honors High-End-Smartphone Magic6 Pro ausprobiert - und nicht alles funktionierte wie versprochen.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Robin Brand
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Eine ungewöhnliche Kamera, KI on device und Steuerung per Auge: Das Honor Magic6 Pro wartet mit einer Menge Features auf, um sich von der Smartphone-Masse abzuheben. Wir haben das auf dem MWC vorgestellte High-End-Handy bereits ausprobiert – und nicht alles gefunden, was Honor verspricht.

Honor, in China einer der größten Smartphoneproduzenten, hat in Deutschland noch längst nicht die Marktanteile gewonnen, die der einstige Mutterkonzern Huawei hatte. Mit dem Magic6 Pro will der Konzern den Platzhirschen Apple, Samsung und Xiaomi ein paar Käufer streitig machen und setzt dafür auf High-End-Technik und ein ungewöhnliches Kamerasystem.

(Bild: Honor)

Das in China bereits vorgestellte Magic6 Pro kommt in nur einer Konfiguration nach Deutschland: mit 512 GByte Fest- und 12 GByte Hauptspeicher. Im Innern steckt Qualcomms Snapdragon 8 Gen3, das aktuell schnellste Smartphone-SoC. In Benchmarks erreicht das Magic6 Pro ähnliche Werte wie das auf maximale Performance getrimmte Gaming-Smartphone ROG Phone 8 von Asus und das Samsung Galaxy S24 Ultra. Im Vergleich mit dem Apple iPhone 15 Pro liegt das Honor-Smartphone vorn. Im Vergleich der Androiden mit Snapdragon 8 Gen3 drosselt das ROG Phone 8 unter Dauerlast mit Abstand am wenigsten.

Honor stattet das Magic6 Pro mit einem 6,8-Zoll-OLED-Bildschirm aus. 2800 × 1280 ergeben eine Punktdichte von 453 dpi. Nach Herstellerangaben deckt das Panel den DCI-P3-Farbraum zu 100 Prozent ab und unterstützt HDR10+ und Dolby Vision. Das LTPO-2.0-Display regelt die Bildwiederholrate je nach Bildinhalt zwischen 1 und 120 Hertz. Honor gibt eine Spitzenhelligkeit von bis zu 5000 cd/m2 an. Das wäre weit mehr als jeder andere Smartphonebildschirm, den wir bisher im Testlabor hatten. Dort hält das Asus ROG Phone 8 mit fast 2000 cd/m2 bei 50 Prozent Weißanteil auf dem Display den Rekord. Ohne HDR-Inhalt konnten wir nur 1450 cd/m2 bei 50 Prozent Weißanteil aus dem Bildschirm herauskitzeln – immer noch ein sehr guter Wert, genauere Messungen folgen in einem ausführlichen Test.

Honor bestückt das Magic6 Pro mit einem 5600-mAh-Akku. In ersten Laufzeittests schlug sich das Gerät mehr als ordentlich. Beim Streamingdauerlauf gingen erst nach 25,7 Stunden die Lichter aus, im Gamingtest hielt es ähnlich lange durch. Damit sind zwei Tage Nutzung ohne Nachladen locker möglich. Am Kabel lädt es maximal mit 80 Watt, drahtlos auf einer proprietären Honor-Ladeschale mit bis zu 67 Watt.

Honor Magic6 Pro Fotos (16 Bilder)

Die Hauptkamera bei 1100 Lux im Fotolabor.

Honor baut dem Magic6 Pro drei rückseitige Kameras ein: eine weitwinklige 50-Megapixel-Kamera (27 mm, f/1,4-2, 1/1,3"), einen Ultraweitwinkel (f/2, 122° Bildwinkel) und ein kurzes Tele. Die Blende der Hauptkamera lässt sich zwischen f/1,4 und f/2 verstellen. Sie schießt detailreiche Fotos mit stark gesättigten Farben. Nächtliche Stadtszenerien gelingen auch ohne Nachtmodus. Der Ultraweitwinkel schießt Fotos in spektakulärem Bildwinkel, wahrt aber nicht so viele Details wie die Hauptkamera.

Einen anderen Weg als die Konkurrenz geht Honor mit der Telekamera. Der Hersteller packt einen 180-Megapixel-Sensor hinter die Linse, die etwa den Bildwinkel eines 68-Millimeter-Vollformatobjektivs abbildet. Vergleichbaren Megapixelprotz behalten andere Hersteller der weitwinkligen Hauptkamera vor. Der für Smartphone-Telekameras große 1/1,49-Zoll-Sensor wird von einem recht lichtstarken Objektiv (f/2,6) ausgeleuchtet. Zum Vergleich: Google verwendet für das Tele des Pixel 8 Pro ein längeres, marginal lichtschwächeres Objektiv (113 mm KB-Äquivalent, f/2,8) und einen deutlich kleineren 1/2,55"-Sensor. Noch kleiner ist der Sensor des 3x-Teles des Samsung S24 Ultra (67 mm KB-Äquivalent, f/2,4, 1/3,52"). Allerdings ist das Samsung-Smartphone mit einer zweiten 110-mm-Telekamera ausgestattet.

Von der Kombination aus großem Sensor mit vielen Megapixeln verspricht sich Honor eine hohe Bildqualität über viele digitale Zoomstufen hinweg. Im optischen 2,5x-Zoom (die 27-mm-Hauptkamera als 1x zugrunde gelegt) legt die Software standardmäßig 16 Pixel zusammen, um die Lichtausbeute zu erhöhen. Darüber hinaus kann man in der App einen fünffachen Zoom direkt anwählen, theoretisch kann man bis zu 100x-fach digital zoomen. Bei guten Lichtverhältnissen und statischen Objekten sind zumindest bis etwa 10x-Zoom (270-mm-KB) brauchbare Ergebnisse möglich. Der digitale Fünffachzoom förderte beim ersten Ausprobieren regelmäßig Details zutage, die in der nativen optischen Brennweite verborgen blieben. Alternativ kann man in der 68-mm-Brennweite aber auch in voller Sensorauflösung fotografieren – das Magic6 Pro gibt trotz 180-MP-Sensor 200-MP-Fotos (16384 × 12288) aus – und im Nachhinein das Bild auf das gewünschte Ergebnis beschneiden. Empfehlenswert ist das nur bei Aufnahmen im Tageslicht. Diese 200-MP-JPGs belegen rund 30 MByte Speicherplatz. RAW-Fotos gibt die Kamera bislang nur in 12 Megapixeln aus.

Vor allem mit seiner Telekamera will Honor auch Menschen ansprechen, die zum Beispiel ihre Kinder beim Vereinssport fotografieren wollen. Per KI erkennt die Kamera typische Bewegungen verschiedenster Sportarten und löst, wenn gewünscht, automatisch aus. So soll die KI rennen, springen, werfen, aber auch walken und joggen erkennen. Das KI-Modell habe man mit 8 Millionen Bildern trainiert, schreibt Honor. Zudem soll das Zusammenspiel aus Haupt- und Telekamera Tiefeninformationen gewinnen, um auch bei Aufnahmen aus größeren Entfernungen eine künstliche Unschärfe auf die Tiefenebenen vor und hinter dem Motiv zu legen. Das gelingt Smartphones bisher vornehmlich in Porträtsituationen gut, nicht aber bei schnellen Bewegungen – und unser Testgerät ändert daran vorerst nichts. Von einer künstlichen Unschärfe war bei den Sportaufnahmen nichts zu sehen, möglicherweise weil wir nicht mit finaler Software testeten. Immerhin die automatische Auslösung bei typischen Sportbewegungen klappte schon zuverlässig. Videos filmt das Honor Magic6 Pro bis zu 4K60 und Zeitlupenaufnahmen bis zu 1080p mit 240 fps.

Die Augensteuerung, die Honor werbewirksam in einem YouTube-Video demonstrierte, in dem ein Auto per Auge gesteuert wird, ist vorerst nur mit chinesischen Modellen möglich. Honor realisiert die Technik mithilfe einer frontseitigen 50-MP-Ultraweitwinkelkamera und einem ToF-Sensor. Auch von einem lokal arbeitenden KI-Modell, das zum Beispiel für kopierten Text direkt die passende App vorschlagen soll, war noch nichts zu sehen. Die Funktion ist in europäischen Sprachen noch nicht verfügbar. Immerhin: Verschiedene Handgesten zum Navigieren durch Android nahm das Magic6 im Test als Befehl entgegen. Im Alltag empfanden wir die Möglichkeit, vor dem Smartphone mit einer Hand herumzufuchteln, um zum Beispiel zu scrollen oder einen Screenshot aufzunehmen, aber eher als unnütze Spielerei.

Honor will das Magic6 Pro fünf Jahre lang mit Updates versorgen und bleibt damit hinter Google und Samsung zurück, die für ihre High-End-Smartphones seit Neuestem sieben Jahre Updates in Aussicht stellen. Fairphone will das Fairphone 5 mindestens acht Jahre lang mit Updates versorgen. Honor ruft 1300 Euro für das Smartphone auf.

(rbr)