Neuer Wettlauf zum Mond: Sorge um unberührte Mondkrater

In den kommenden Jahren sollen hunderte Raumfahrzeuge zum Mond starten. In der Wissenschaft geht die Sorge um, dass unberührte Orte für immer verloren gehen.

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(Bild: NASA)

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Angesichts des neuen Wettlaufs zum Mond wachsen in der Wissenschaft die Sorgen um unberührte Orte auf dem Erdtrabanten, die schon in wenigen Jahren unwiederbringlich verloren gehen könnten. Das berichtet das Forschungsmagazin Science und verweist unter anderem auf eine Arbeitsgruppe bei der Internationalen Astronomischen Union (IAU), die am heutigen Montag zum ersten Mal zusammentritt. Die soll definieren, welche Orte genau geschützt werden sollten und welche Gefahren besonders akut sind. Dabei gehe es nicht nur darum, dass bei einem möglichen Rohstoffabbau für die Wissenschaft wichtige Orte zerstört werden, sondern auch um die Abgeschiedenheit des Erdtrabanten, von der die Astronomie profitieren könnte.

Konkreter Anlass für den Bericht ist der anstehende Start der Mission Peregrine Mission One. Der gleichnamige Rover des US-Unternehmens Astrobiotic soll als erstes privat gebautes Gefährt auf einem anderen Himmelskörper landen und verschiedene Nutzlasten mitbringen. Astrobiotic behauptet, damit die Tür zur nächsten Phase der Wissenschaft, Erkundung und des Handels auf dem Mond und darüber hinaus aufzustoßen. Dutzende weitere Missionen sollen folgen, hinzu kommen die geplanten bemannten Flüge der Artemis-Missionen der NASA sowie ebenfalls angekündigte Missionen aus China und Indien. In der Forschung gebe es nun Befürchtungen, dass es zu einem regelrechten "Mondrausch" kommt und wissenschaftlich wertvolle Orte unter die Räder kommen.

Wie Science erklärt, geht es dabei unter anderem um einzigartige Gebiete auf dem Mond wie Krater am Nord- und Südpol, die permanent im Schatten liegen und zu den kältesten Orten im Sonnensystem gehören. Dort vorhandenes Wassereis dürfte sich über Milliarden Jahren angesammelt haben und könnte damit unbezahlbare Einblicke dazu liefern, wie Wasser einst auch auf die Erde gekommen ist. Gleichzeitig sind die Krater auch besonders gut geeignete Standorte für Teleskope, die dort besonders gut vor Interferenzen der Erde oder Sonne geschützt wären. Weil das Wasser aber auch für die Errichtung und den Betrieb möglicher Mondbasen äußerst hilfreich wäre, bestehe die Befürchtung, dass auf diese Belange nicht genug Rücksicht genommen wird.

Ziel der besorgten Forscher und Forscherinnen ist es laut Science jetzt, unter anderem über die IAU Einfluss auf Regierungen und Weltraumagenturen auszuüben, damit die sich für den gewünschten Schutz einsetzen. Der seit 1967 geltende Weltraumvertrag jedenfalls verhindere lediglich, dass Nationen auf Himmelskörpern territoriale Ansprüche aufstellen, steht dem Abbau von Rohstoffen aber nicht im Weg. Die US-Regierung etwa argumentiert demnach, dass der möglich ist und erlaubt US-Unternehmen explizit, Rohstoffe im All abzubauen und davon zu profitieren. Auch die Artemis Accord zum gleichnamigen Raumfahrtprogramm sehen keinen speziellen Schutz bestimmter Gebiete vor.

Die Sorge um die Unberührtheit des Mondes ist keineswegs neu, angesichts von zahlreichen anstehenden Missionen wird sie aber immer akuter. Im Frühjahr war bereits gewarnt worden, dass es mit der Unberührtheit auf der erdabgewandten Seite des Mondes vorbei sein könnte, bevor die Astronomie von den idealen Bedingungen Gebrauch machen konnte. Dabei gibt es im ganzen Sonnensystem keinen anderen Ort, der besser dafür geeignet wäre, weil nur die Mondrückseite konstant von der irdischen Strahlung abgeschirmt ist. Dort könnte man beispielsweise kosmische Radiowellen unter 100 Megahertz erforschen, die von der Erde aus besonders schwierig analysiert werden können und die Anfänge des Kosmos nach dem Urknall beleuchten.

(mho)