Freihändig überholen: Der neue Autobahnassistent von BMW im Test

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Inhaltsverzeichnis
Der Autobahnassistent

Der neue i5 ist der erste BMW, der auf diesem Level dem Fahrer Arbeit abnimmt und damit einen weiteren Schritt in Richtung autonomes Fahren macht. Bis 130 km/h können die Hände dauerhaft vom Lenkrad genommen werden – zumindest so lange, wie ein paar Rahmenbedingungen erfüllt sind. In diesem Video wollen wir nicht nur die Funktionsweise des Systems zeigen, sondern auch erzählen, was das Ganze kostet und wo seine Grenzen liegen. Auf der Autobahn bei München testen wir den neuen Assistenten.

Stufen der Automation

BMW bezeichnet den neuen 5er mit Zusatzfunktionen als Fahrautomation mit "Level 2+". Was bedeutet das? Sechs Stufen der Fahrautomation gibt es, von Null bis fünf. Null bedeutet dabei aber nicht funktionslos, ein Auto auf diesem Level hat allerdings nur ein paar Warneinrichtungen. Mit dem Level 1 hält das Auto die Geschwindigkeit allein oder bleibt selbstständig in der Spur. Level 2 kombiniert die beiden vorherigen Stufen. Bis hierher hat der Fahrer also immer die Verantwortung – und genau das ändert sich ab Level 3. Hier muss der Fahrer in einem Szenario das Geschehen nicht mehr aktiv überwachen, aber innerhalb von 10 Sekunden eingreifen können.

(Bild: VDA)

BMW Level 2+

Marketingabteilungen haben sich weitere Zwischenabstufungen überlegt. Der 5er hier zum Beispiel wird von BMW mit Level 2+ beworben. Er ist in der Lage, die Spur zu wechseln, wenn der Fahrer Richtung Außenspiegel schaut. Ist das eine echte Entlastung? Das wird sicher unterschiedlich beurteilt. Diese Funktion ist bisher nur in Deutschland verfügbar.

Der Autobahnassistent kostet 850 Euro und ist ein Zusatzbaustein des sogenannten "Driving Assistant Professional", der 2000 Euro kostet. Der bietet Fahrerassistenzsysteme wie Ampelerkennung, Ausweichhilfe und weitere. Hinzu kommt das "Innovationspaket" für 2100 Euro. Das Paket besteht aus weiteren Neuerungen aus den Bereichen Fahrerassistenz, Komfort und Lichttechnik. Für das, was Sie also gleich sehen, müssen Sie knapp 5000 Euro anlegen. Das ist viel Geld, in der Preisklasse eines i5 aber noch nicht unbedingt ein Dealbreaker.

OS und Einstellungen

Der 5er kommt mit dem Operating System 8.5 auf den Markt, der Schritt hin zum OS9 wird erst 2024 vollzogen. Die Oberfläche wird sich aber nicht wesentlich unterscheiden. Im Menü sind die Assistenten recht schnell zu finden. Man kommt auf zwei Wegen zu den Fahrassistenzsystemen. Einmal über das App-Menü. Dort finden wir links unter den Menüpunkten die Auswahl "Fahrzeug". Unter "Fahreinstellungen" finden wir dann die "Fahrerassistenz". Der etwas schnellere Weg führt über das Favoritenmenü. Dort finden wir direkt den Unterpunkt "Fahrerassistenz", mit allen wichtigen Optionen für den Assistenten.

Funktion des Autobahnassistenten

Der Autobahnassistent wird aktiviert, sobald der Fahrer auf der Autobahn unterwegs ist und die Umgebung vom i5 als geeignet eingestuft wird. Bei Baustellen oder Stau agiert der Assistent also nicht. Die Kamera im Kombiinstrument hinter dem Lenker behält den Fahrer im Blick. Mehr als einen Moment darf der sich nicht mit etwas anderem beschäftigen, sonst folgt direkt eine Warnung mit akustischem Signal. Die Kamera erkennt auch den Blick zum Außenspiegel, der einen Spurwechsel auslösen kann. Das geschieht nur, wenn das Fahrzeug den Spurwechsel als sicher erkennt. Sind andere Fahrzeuge auf der Zielspur oder nähern sich schnell, ist kein Wechsel möglich. Wichtig ist: Das Auto macht – beispielsweise zum Überholen – Vorschläge. Der Fahrer muss mit seinem Blick diesen Vorgang aber aktiv auslösen. Das Fahrzeug entscheidet also nicht eigenständig. In der Regel reicht ein Blick in den Außenspiegel für etwa zwei Sekunden, um erkannt zu werden. Hin und wieder muss der Kopf aber mit einer eindeutigeren Bewegung gedreht werden, da der Blick sonst nicht registriert wird.

Wird ein Ziel in der Navigation eingegeben und der Fahrer möchte kurz vor der Autobahnausfahrt automatisiert auf die linke Spur wechseln, tut der Assistent dies nicht. Von Hand könnten wir das natürlich immer noch, aber der Assistent möchte hier verhindern, dass wir die Ausfahrt verpassen. Das ist praktisch.

Den Überholvorgang können wir in unseren Tests wiederholt zuverlässig auslösen. Der Wechsel zurück auf die rechte Spur hakt des Öfteren. Das Fahrzeug schätzt Abstände und Lücken zwischen Fahrzeugen hier anders ein, als wir das tun würden. Im Test führt das dazu, dass wir den Wechsel zurück auf die rechte Spur oft manuell einleiten müssen. Dass das Fahrzeug bei Fahrmanövern absolut sichergehen will, dass genug Platz ist, erscheint sinnvoll. Wenn der Spurwechsel nach dem Überholvorgang dadurch aber wiederholt nicht möglich ist, dann ist in dem Fall der Assistent keine wirkliche Erleichterung beim Fahren.

Befindet sich der Fahrer auf einem Autobahnabschnitt mit Tempolimit, weist der Wagen darauf hin, wenn dieses überschritten wird. Die Warnung ist abschaltbar, muss aber nach jedem Neustart wieder an sein – so wie es ab Mitte 2024 Vorschrift in allen Neuwagen sein wird. BMW setzt das hier bereits um. Der BMW hat zusätzlich die Option, eigenständig auf Tempolimits zu reagieren.

Fazit

Der BMW i5 ist ein tolles Auto. Gut gedämmt, sehr gutes Fahrwerk, spitzen Infotainment. Sehr überzeugend, was BMW da abgeliefert hat. Das darf der Kunde aber auch erwarten für das Geld. Der Autobahnassistent, den wir hier getestet haben, ist technisch faszinierend. Das System funktioniert innerhalb des Rahmens, den BMW verspricht, gut, wenn auch mit Abstrichen. Der Überholvorgang wird sauber eingeleitet, das Wechseln zurück auf die rechte Spur funktioniert bei uns häufig nicht. Soweit unsere Erfahrung. Insgesamt ist das Level 2+ nicht mehr, als das, was der Name andeutet: ein Zwischenschritt. Erst auf der nächsten Ebene kann der Fahrer im begrenzten Umfang gedanklich abschweifen. Lohnt sich das trotzdem? Wir sind unentschieden. (dan)