Wie die Kreislaufwirtschaft mehr Nachhaltigkeit bringen kann

Seite 3: Den ganzen Lebenszyklus im Blick

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Dem Downcycling haben der deutsche Chemiker Michael Braungart und der amerikanische Architekt William McDonough in den 1990er-Jahren das Konzept des "Cradle to Cradle" ("Wiege zur Wiege") entgegengesetzt. Es besagt unter anderem, dass Produkte so gestaltet werden sollen, dass ihre Rohstoffe praktisch in einem unendlichen Kreislauf in gleichbleibender Qualität immer wieder verwendet werden können. Doch das derzeit diskutierte Konzept der Kreislaufwirtschaft geht noch weiter. Sie nimmt den gesamten Lebenszyklus eines Produkts in den Blick und damit auch die Frage, wie man es länger nutzen kann. Die Unternehmensberatung PWC hat das Prinzip mit zehn Stufen zusammengefasst:

  1. Einsatz von recyceltem Material bei der Produktion
  2. nachhaltiges Design für längere Haltbarkeit, einfachere Reparatur oder bessere Wiederverwertbarkeit
  3. ressourcensparende Produktion
  4. "Product as a Service" (etwa Vermietung statt Verkauf)
  5. Teilen oder Digitalisieren eines Produkts
  6. optimierte Nutzung oder längere Lebensdauer durch bessere Wartung
  7. Weiterverwendung
  8. Refurbishing / Remanufacturing (Aufbereitung von ganzen Produkten oder Teilen)
  9. industrielle Symbiose (Nutzung von Abfallstoffen eines Unternehmens als Rohstoffe eines anderen)
  10. Recycling

Die CEID hat 22 Geschäftsmodelle aufgelistet, mit denen man innerhalb der Kreislaufwirtschaft Geld verdienen kann – von Aufbereitung, Verkauf, Vermietung über Reparatur- und Wartungsdienste bis hin zu Informationsplattformen und Logistik-Dienste für Ersatzteile. Beispiele dafür gibt es quer durch alle Branchen: Hewlett-Packard Enterprise (HPE) etwa bietet seinen Kunden IT-Infrastruktur als Dienstleistung an ("as a Service"). Zudem kauft HPE alte Server, Computer und Drucker von Kunden zurück, um sie aufzubereiten und weiterzuverkaufen. Der Energieversorger EWE bietet ganze Heizungen zur Miete an. Und in der Modewelt gibt es zahlreiche Start-ups wie Fjong, Unown oder Y:closet, die Kleidung vermieten, zum Teil auch als Abo-Modell.

Was die Konfektionsgröße für Kleidung, sind Normen für industrielle Rohstoffe: eine Art Schmiermittel für den reibungslosen Austausch. Der DIN e.V. hat deshalb die Normungsroadmap Circular Economy ins Leben gerufen. Seit Januar 2022 treffen sich Arbeitsgruppen für die Themen IT, Batterien, Verpackungen, Kunststoffe, Textilien, Bauwerke & Kommunen sowie Digitalisierung/Geschäftsmodelle/Management, um zu erfassen, welchen Normungsbedarf es in welchen Branchen gibt. Ende 2022 wollen sie ihre Ergebnisse vorstellen.

"Hersteller und Recycler müssen eine Kommunikation miteinander aufbauen", sagt DIN-Mitarbeiter Benjamin Hein, der das Projekt betreut. So müsse ein Entwickler einerseits beispielsweise wissen, wie sich Recyclingmaterial für sein Produkt am besten einsetzen lässt, und andererseits, wie sich sein Produkt recyclingfreundlich designen lässt. "Dabei helfen Normen", sagt Hein.

Der Bedarf ist groß. "Für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen gibt es zum Beispiel noch keine Standards", sagt Hein. Mehr als 1.000 Menschen haben sich bereits für die Normungsroadmap angemeldet. "Für uns ist das ein echter Superlativ."