Edit Policy: Artikel 17 im EU-Urheberrecht - Umsetzung nicht ohne Uploadfilter

Seite 3: Werden Memes und Gifs legalisiert?

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Immerhin sollen auch die Nutzungsrechte ein Stück weit automatisch durchgesetzt werden. In einem Vorschlag, der für Urheberrechtsverhältnisse durchaus als innovativ zu bezeichnen ist, sollen geringfügige Nutzungen fremder Werke (etwa 20 Sekunden eines Videos oder Musikstücks) pauschal erlaubt werden. Durch die Wahl quantitativer Grenzen soll es Plattformen ermöglicht werden, diese geringfügigen Nutzungen beim Einsatz von Uploadfiltern automatisch zu berücksichtigen. Plattformen, die unter das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz fallen, sollen für diese Nutzungen eine pauschale Abgabe an die Verwertungsgesellschaften zahlen.

Mit dieser neuen Urheberrechtsausnahme, die im europäischen Urheberrecht bislang einmalig ist, versucht die deutsche Politik ihr Versprechen wahr zu machen, dass Memes und Reaction Gifs, die oftmals streng genommen das Urheberrecht verletzen, wenn sie etwa winzige Schnipsel aus einem Spielfilm enthalten, vom Uploadfilter verschont bleiben sollen. So sehr dieser Vorschlag zu begrüßen ist und einen Teil der Alltagskultur im Netz von urheberrechtlichen Problemen befreien könnte, wirft die praktische Umsetzung aber auch Fragen auf. Die Ausnahme soll aus europarechtlichen Erwägungen nur für nichtkommerzielle Nutzungen dieser Inhalteschnipsel gelten. Da stellt sich aber die Frage, wie ein Uploadfilter zuverlässig automatisch erkennen soll, ob ein Inhalt zu nichtkommerziellen Zwecken hochgeladen wurde. Selbst für die kürzesten Ausschnitte besteht also wieder Gefahr, dass bei der automatisierten Rechtsdurchsetzung Fehler passieren werden.

Bis 31. Juli bittet das Bundesjustizministerium die Öffentlichkeit um Stellungnahmen zu seinem Gesetzesentwurf für ein Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz. Die gute Nachricht ist, dass der Vorschlag erkennen lässt, dass das Ministerium um einen Interessenausgleich zwischen den Betroffenen ernsthaft bemüht ist. Insofern lohnt es sich durchaus, sich den 22 Paragraphen umfassenden Entwurf genauer anzusehen und eine Stellungnahme einzusenden.

Die schlechte Nachricht ist, dass sich die Umsetzung an den Vorgaben des völlig realitätsfernen und widersprüchlich formulierten Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie orientieren muss. Bis dessen Vereinbarkeit mit den Grundrechten endgültig geklärt sind, könnten noch Jahre vergehen, in denen sich das Internet durch seine Umsetzung grundlegend verändern könnte.

Die Texte der Kolumne "Edit Policy" stehen unter der Lizenz CC BY 4.0.

(bme)