Geese gegen Google: Die EU gegen die mächtigste Suchmaschine der Welt

Seite 5: "Hier steht gerade alles Kopf"

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In der dritten Januarwoche stimmt das ganze Parlament über die Position zum DSA ab. Jan Penfrat, der Mitarbeiter der Bürgerrechtsinitiative EDRi, hat das Verbot von personalisierter Werbung da schon aufgegeben. "Dazu wird es wahrscheinlich nicht kommen", sagt er. Während die Abgeordneten mittags mit dem Sonderzug aus Brüssel in Straßburg ankommen, wird eine neue Studie von Amnesty International veröffentlicht: 79 Prozent der kleinen Unternehmen wollen, dass personalisierte Werbung auf großen Plattformen stärker reguliert wird. Es ist das Gegenteil von dem, was die Lobbyisten als die Position der kleinen Unternehmen ausgegeben hatten.

Drei Tage später, am Donnerstagvormittag, werden die Ergebnisse der Abstimmung bekannt gegeben. In ihrem ersten Radiointerview kann Geese ihre Überraschung nur schwer verbergen. Nachmittags sitzt sie in ihrem kleinen Büro in Straßburg vor dem Rechner. Sie hat Augenringe, ihre Frisur wirkt etwas zerzaust, sie blinzelt und lacht viel. "Hier steht gerade alles Kopf, weil wir nicht damit gerechnet haben, dass das durchgeht", sagt sie.

Das Parlament hat überraschend für einen Änderungsantrag der "Tracking-Free Ads Coalition" gestimmt, einem Bündnis von Abgeordneten, in dem Geese auch Mitglied ist. Demnach soll personalisierte Werbung auch aufgrund von sensiblen Daten wie Religion oder sexueller Orientierung verboten werden. Zusammen mit anderen Artikeln im DSA, die personalisierte Werbung einschränken, kommt das einem Verbot überraschend nahe. "Der jetzige Erfolg wird bahnbrechend sein, auch für ein Komplettverbot der profilbasierten Werbung in Europa", erklärt Geese.

Gefeiert wird nicht viel. "Alexandra hat uns gestern Abend, als sie von der Fraktionssitzung zurückkam, ein Glas Kava mitgebracht. Es war also nicht besonders exzessiv", schreibt ihre Mitarbeiterin Jana Gooth via Signal Messenger. Geese zielt schon auf das nächste Thema, politische Werbung auf Social Media, erklärt sie im Zoom-Call. "Es geht weiter." Das Interview ist kurz, Geese muss weiter. Aber die Wand hat einen Riss mehr.

(lca)