Missing Link: Virtueller Tatort in der CAVE des LKA Baden-Württemberg

Seite 2: Am virtuellen Tatort

Inhaltsverzeichnis

Auch mehrere Personen können sich in der VR bewegen.

(Bild: LKA BW)

Sandra Staiger gehört zum Geodätenteam. Sie fahren mit der Vermessungstechnik vor Ort und nehmen die Daten auf. Das ist schon deshalb wichtig, weil am Tatort die Gegebenheiten vor Ort nicht permanent konserviert werden können, etwa, weil sie im Freien liegen. Aus ihren Messdaten wird eine Punktwolke errechnet, die mit Bildern und bei Bedarf zum Beispiel mit Rekonstruktionen aus der Schussbahnsondierung oder der Blutspritzeranalyse ergänzt werden, erklärt Staiger: "Wir bereiten die Daten auf und entscheiden dann, je nachdem, was der Ermittler oder die Staatsanwaltschaft benötigt. So werden beispielsweise maßstäbliche Skizzen mittels CAD erstellt oder die Daten im Rahmen von Fallbesprechungen mittels VR präsentiert." Später können sich dann alle an in einem Verfahren Beteiligte auf diese Daten zugreifen – wie bei einer Gerichtsakte.

Die CAVE hat für solche Rekonstruktionen mehrere ganz entscheidende Vorteile, sagt Stefan Knapp: "Wir als Ermittler leben einfach vom interdisziplinären Austausch mit den Sachverständigen aus den verschiedensten Disziplinen. Wir arbeiten interaktiv in diesen Tatorten. Andere Polizeibehörden arbeiten mit großen VR-Brillen, wir hier in Baden-Württemberg haben in der CAVE jetzt diese viel kleineren Shutterbrillen auf, wie man sie aus dem Kino kennt, wenn man dort einen Film in 3D sehen will. Das ist angenehmer. Und damit können wir besser untereinander interagieren, wir können sagen: Wie siehst du das, geh‘ mal in diese Position, schau das mal aus diesem Blickwinkel an."

Womit wir zu dem eingangs beschriebenen Tatort zurückkommen. Ein Mensch wurde ermordet. Kam der Schuss von einem Einbrecher, der schon im Garten stand? Oder konnte der Schuss der Fehlschuss eines Jägers aus dem zwei Kilometer entfernten Hochsitz gewesen sein? Von wo aus sind die Blutspritzer an die Wand gelangt? War das Opfer unglücklich gestürzt oder wurde es erschlagen?

In der VR-Umgebung lassen sich Marker setzen und Details vermessen.

(Bild: LKA BW)

Die 3D-Vermessung der Tatortgruppe des KTI des LKA BW ist die erste vermessungstechnische Einheit vor Ort. Die Mitarbeiter scannen den Tatort ab und fotografieren Einzelheiten. Auch wenn ein Asservat vor Ort liegt, etwa ein Schuh, macht die Kriminaltechnik "Bildverbände", aus denen später 3D-Rekonstruktionen errechnet werden – der Schuh muss ja dann auch "spurentechnisch aufgenommen", das heißt nach Fingerabdrücken, DNA-Spuren etc. abgesucht werden.

Auch ein Leichnam muss fotografiert werden, manchmal bekommt das Team später noch Computertomografie-Daten aus der Rechtsmedizin. Große Schadenslagen werden zusätzlich per GPS vermessen. Aber sehr oft geht es um Winziges. Sandra Staiger: "Der terrestrische Laserscanner hat eine Auflösung von drei Millimetern. Für Blutspuraufnahmen benötige ich allerdings eine höhere Auflösung. Dafür nutze ich Bildinformationen aus der Kamera." Die Aufnahmen können in die Punktwolke aus dem Laserscanner integriert werden, beispielsweise mit einem CAD-Programm.

"Die 3D-Rekonstruktionen können wir dann als digitales Modell in den 3D-Tatort zurückbringen", erklärt der Informatiker Wolfgang Schotte. Mit so einer Kombination aus Bild und Scan kann man den Tatort und Asservate sozusagen digital konservieren. Ebenso kann man den Schussverlauf oder die Bahn der Blutspritzer rekonstruieren und einblenden. In der CAVE im Stuttgarter LKA entsteht aus den Daten dann der virtuelle Tatort.