Glasfaser: Netzbetreiber fordern Transparenz bei Überbau durch Telekom

Die Bundesnetzagentur sammelt Beschwerden über Glasfaser-Überbau. Die Netzbetreiber wollen Ergebnisse sehen – und schicken der Regierung drei blaue Briefe.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 219 Kommentare lesen
Große Rollen mit orangefarbenem Glasfaserkabel zur Verlegung im Boden an einer Baustelle in Beber, Niedersachsen.

Die Kabel liegen bereit, aber auch viel zu oft doppelt, meinen die Telekom-Konkurrenten.

(Bild: juerginho/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die deutschen Netzbetreiberverbände erhöhen den Druck auf die Bundesregierung und fordern Aufklärung über den Überbau von Glasfasernetzen durch die Telekom. In Briefen an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Digitalminister Volker Wissing (FDP) fordern die Präsidenten der Verbände Anga, Breko und VATM eine "schnelle, transparente Klärung und entsprechend konsequentes Handeln" ein.

Hintergrund ist der Streit über den Doppelausbau von Glasfasernetzen in ländlichen Regionen. Die Verbände werfen der Telekom vor, gezielt dort auszubauen, wo Wettbewerber bereits selbst bauen oder es planen. Das binde darüber hinaus ohnehin knappe Kapazitäten beim Leitungsbau. Die Telekom weist solche Vorwürfe in der Regel zurück und betont, selbst auch überbaut zu werden.

Ein gesunder Infrastrukturwettbewerb ist in größeren Städten in der Regel kein Problem und auch erwünscht. Doch kann der Netzausbau in dünn besiedelten Regionen unwirtschaftlich werden, wenn plötzlich ein Konkurrent auftaucht und Kunden abspringen, die schon einkalkuliert sind. Die Verbände sagen, in einigen Fällen reicht schon die bloße Ankündigung der Telekom, dass Kunden abspringen.

Der Konflikt schwelt schon eine geraume Weile. Beide Seiten führen eigens beauftragte Studien ins Feld, um ihren Standpunkt zu festigen. Im vergangenen Sommer hat dann die Bundesregierung eine "Monitoringstelle" bei der Bundesnetzagentur eingerichtet, die Beschwerden der Unternehmen sammeln und dann ein Gesamtbild der Überbauproblematik zeichnen sollte. Eigentlich wollte die Bundesnetzagentur dann Anfang des Jahres eine Zwischenbilanz ziehen und Bericht erstatten.

Das ist bisher nicht passiert. Stattdessen hat die Bundesnetzagentur die Stimmung weiter angeheizt, mit einer eigenen Auftragsstudie, die dem Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt ein einwandfreies Gesundheitszeugnis ausstellt. Die Festnetzbetreiber, die für eigene Bündelangebote auf Vorleistungen der Mobilfunker angewiesen sind, halten das Papier für grob fehlerhaft und "stark interessengeleitet".

Die Stimmung unter den Netzbetreibern ist gereizt. Sie erwarten vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und der Bundesnetzagentur, dass die Monitoring-Stelle endlich ihre Ergebnisse veröffentlicht. In ihrem Brief an Digitalminister Wissing werden die Verbände dann auch ungewöhnlich deutlich.

"Obwohl Ihnen und Ihrem Ministerium das Problem und die negativen Folgen bekannt sind, ist seitdem wenig passiert", schreiben die Verbände. "Anstatt Maßnahmen gegen das Verhalten der marktmächtigen Deutschen Telekom einzuleiten, wurde nicht einmal das von Ihrem Haus selbst gegebene Versprechen, für schnellstmögliche Transparenz über die Thematik zu sorgen, eingelöst."

Und um ihren Forderungen weiter Nachdruck zu verleihen, geht ein Schreiben auch an Bundeskanzler Scholz. Obwohl die Auswertung "dem im BMDV zuständigen Staatssekretär Stefan Schnorr seit Wochen vorliegt, wurde diese bisher nicht veröffentlicht", monieren die Verbände. Es sei "erschreckend", dass die Bundesregierung "ganz offenkundig zentrale Ergebnisse einer so wichtigen Auswertung mit Rücksicht auf die Deutsche Telekom nicht öffentlich machen will."

Eine "klare Absage an einen strategisch destruktiven Überbau" sei überfällig, heißt es in dem Brief an den Bundeskanzler. "Wir erwarten, dass das Unternehmen, das noch zu großen Teilen im Eigentum des Bundes steht, selbst für entsprechende Transparenz beim Ausbau sorgt, andere Unternehmen nicht verdrängt, und die Ziele der Bundesregierung nicht strategisch aus Eigeninteresse hintertreibt."

An Bundesfinanzminister Lindner geht der Hinweis, "das wettbewerbsschädliche Verhalten der Telekom" wirke sich nachteilig auf den Staatshaushalt aus: "Durch das strategische Rosinenpicken besonders lukrativer Gebiete erhöht sich der staatliche Förderbedarf enorm, da weniger eigenwirtschaftlicher Ausbau möglich ist."

Ein Sprecher des Digitalministeriums sagte der Nachrichtenagentur dpa, es gebe noch keinen Bericht. "Sowohl ausbauende Unternehmen als auch kommunale Gebietskörperschaften haben zahlreiche Überbaufälle gemeldet. Die Sachverhaltsaufklärung seitens der Monitoringstelle ist noch nicht abgeschlossen."

Ein Sprecher der Telekom wies die Vorwürfe der Verbände zurück. "Unsere Wettbewerber versuchen offenbar mit allen Mitteln, Druck auf eine unabhängige Behörde auszuüben." Die Telekom baue in Deutschland zwei Drittel aller neuen Glasfaseranschlüsse. "Dabei werden auch wir überbaut." Man habe der Bundesnetzagentur selbst 200 Überbau-Fälle gemeldet.

(vbr)